"Textilbündnis": Ein Euro mehr für die Jeans

"Textilbündnis" will Arbeitsbedingungen von Näherinnen in Asien verbessern - nicht alle machen mit

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Berlin. Ein T-Shirt für fünf Euro, eine Jeans für 9,90 Euro: In vielen Läden werden die Klamotten zum Spottpreis angeboten. Oft wissen die Konsumenten gar nicht, warum die Kleidung so billig ist.

Näherinnen in Bangladesch, wo für die westlichen Märkte produziert wird, verdienen unter Umständen gerade mal 25 bis 50 Euro - pro Monat. Und sie schuften unter unwürdigen Arbeitsbedingungen.

Die Lage dieser Menschen wollen Politik, Gewerkschaften und Wirtschaft jetzt mit einem "Textilbündnis" verbessern, einer Selbstverpflichtung der Anbieter. Bei der Vorstellung der Initiative am Donnerstag in Berlin zeigte sich jedoch, dass das Unterfangen nicht einfach werden wird.

Rückblick: Mehr als 1100 Menschen starben, die meisten davon Frauen, als im April letzten Jahres ein Fabrikgebäude in Bangladesch einstürzte. Anteilnahme und Bestürzung waren damals groß. Doch seitdem hat sich offenbar nicht viel verbessert: Kürzlich wurden dort über 1000 Textil-Fabriken inspiziert und insgesamt 80.000 Mängel festgestellt - von schlecht isolierten Elektrokabeln über fehlende Notausgänge bis hin zu einsturzgefährdeten Böden.

Ähnliche Verhältnisse finden sich auch in Produktionsländern wie Pakistan oder Kambodscha. Die menschunwürdigen Zustände dienten dazu, "um unseren Konsumhunger zu stillen", kritisierte gestern Gerd Müller (CSU), Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Das Textilbündnis wolle deshalb dafür sorgen, dass bei Kunden und Herstellern "geiz ist geil" nicht länger gelte.

Kinder- und Zwangsarbeit, Tod durch Chemikalien, Stundenlöhne von 25 Cent oder weniger, das alles soll nicht mehr toleriert werden. Wenn die Jeans nur einen Euro teurer sei, rechnete Müller vor, wäre den Frauen vor Ort schon geholfen. "Das wäre ein Quantensprung, der keinem wehtut."

DGB-Chef Reiner Hoffmann ergänzte, bei einem sechs Euro teuren T-Shirt beliefen sich die Entstehungskosten auf 90 Cent. Es müsse doch möglich sein, "dass ein Kunde auch acht oder neun Euro für das T-Shirt zahlt". Müller schwebt die Einführung eines neuen Siegels am Preisschild vor, dem "grünen Knopf". Anhand dessen soll der Verbraucher die faire Herstellung erkennen können.

Sechs Monate wurde an dem Aktionsplan für "nachhaltige Textilien" gearbeitet. Mit von der Partie waren anfänglich auch die größten Hersteller und Verbände der Branche. Unterschrieben haben sie die Selbstverpflichtung, auf Grundstandards bei der Produktion zu achten, dann allerdings nicht.

Bemängelt wurde von den Großen vor allem, dass man die vielen Zulieferer nicht wirksam kontrollieren könne. Auch haben sich zahlreiche Konzerne schon eigene Verhaltensregeln auferlegt. Christiane Schnura von der Kampagne "Saubere Kleidung" kritisierte das Verhalten der Konzerne. Unabhängige Kontrollen der Standards fehlten ohnehin, auch seien existenzsichernde Löhne nach wie vor keine Selbstverständlichkeit für diese Unternehmen.

Ob das Bündnis ein Erfolg wird, ist offen. Übrig geblieben sind 30 Firmen, die mitmachen wollen, vor allem Mittelständler. Sanktionen bei Verstößen gegen die Selbstverpflichtung gibt es nicht, gesetzliche Regelungen sind auch nicht geplant. Und kurz vor Schluss, so Müller, sei auch noch versucht worden, "aus Kreisen der Wirtschaft" die Gründung des Bündnisses zu verhindern. Mit der Warnung vor Belastungen der Wirtschaft in konjunkturell schweren Zeiten.