Nach Lokführer- und Pilotenstreik: Tarifkonflikte gehen weiter
Köln/Berlin (dpa) - Gestrichene Flüge und viele Zugverspätungen: Aufeinanderfolgende Streiks von Lokführern und Piloten haben heute die Reisepläne Tausender über den Haufen geworfen.
Nach dem 14-stündigen Lokführerstreik bis zum frühen Morgen sorgten von Mittag an die Piloten der Lufthansa-Tochter Germanwings mit einem Ausstand für Ausfälle. Rund 100 Flüge mussten bundesweit gestrichen werden. Der Pilotenstreik sollte kurz vor Mitternacht enden, vom frühen Freitagmorgen an wurde wieder mit planmäßigem Flugbetrieb gerechnet.
Die Lufthansa will, dass ihre Piloten später in den bezahlten Vorruhestand gehen - die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) wehrt sich dagegen. Bei den Lokführern geht es um die Vergütung. Deren Gewerkschaft GDL verlangt fünf Prozent mehr Geld und zwei Stunden weniger Wochenarbeitszeit. Zudem will die GDL auch für Personal wie Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten verhandeln.
Beide Tarifkonflikte sind festgefahren. Arbeitnehmer und Arbeitgeber schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Weitere Streiks sind wahrscheinlich.
Bei Germanwings waren nach Angaben der Fluglinie rund 13 000 Passagiere vor allem auf Inlandsverbindungen von den Ausfällen betroffen. Die Urlauberflüge aus dem Ausland - überwiegend den Mittelmeerländern - fanden dank eines Ersatzflugplanes komplett statt, sagte ein Germanwings-Sprecher. Der Schaden geht nach Schätzungen in die Millionen.
Besonders vom Streik betroffen waren die Flughäfen Köln/Bonn, Stuttgart, Hamburg und Berlin. In Köln fielen je 23 An- und Abflüge aus, in Stuttgart 21, in Hamburg und Berlin je 17. Da die meisten Fluggäste vorab per Mail oder SMS erreicht wurden oder von sich aus umgebucht hätten, habe es aber keine Warteschlangen auf den Flughäfen gegeben, sagte der Sprecher.
„Kaum was los an den Flugschaltern“, sagte eine Augenzeugin. Viele seien auf die Bahn ausgewichen. Dort lief der Verkehr seit dem Morgen wieder weitgehend reibungslos. Verspätungen waren der Bahn zufolge über den Tag noch im Fernverkehr möglich.
Nach Gewerkschaftsangaben standen bei der Bahn während des 14-stündigen Streiks 85 Prozent der Züge still oder kamen deutlich zu spät. Absolute Zahlen nannte die GDL nicht. Auch die Bahn bezifferte die Auswirkungen nicht bis in das letzte Detail. Sie hatte vor Streikbeginn mit stark ausgedünnten Ersatzfahrplänen für Fern- und Regionalzüge reagiert, die sie nicht ganz durchhalten konnte.
Von den üblichen 1400 Fernzügen innerhalb von 24 Stunden fuhren am Mittwoch noch knapp 400. Im Regional- und Nahverkehr gibt es üblicherweise 23 700 Fahrten. Wie viele es nach dem Ersatzfahrplan sein sollten, konnte eine Sprecherin nicht sagen.
Bei Bahn und Lufthansa gab es kaum Anzeichen für eine Verständigung. Bahn-Personalchef Ulrich Weber mahnte: „Nur mit ernsthaften Verhandlungen kann der Tarifkonflikt gelöst werden - nicht mit der Brechstange und nicht mit scharfen Worten.“ Er sei zu sofortigen Verhandlungen ohne Bedingungen bereit. GDL-Chef Claus Weselsky argwöhnte, er müsse dabei „die Vertretungsmacht für das Zugpersonal an der Garderobe abgeben“.
Die Pilotengewerkschaft VC erklärte, Lufthansa habe alle Kompromissvorschläge nicht aufgegriffen und mauere weiter. „Wir würden gern mit der Lufthansa reden, aber die melden sich nicht“, sagte ein Sprecher. Deswegen müssten sich die Kunden in der nächsten Zeit auf weitere Streiks einstellen.
Ein Lufthansa-Sprecher wies den Vorwurf zurück: Lufthansa sei jederzeit gesprächsbereit und habe das mehrfach betont. Die Pilotenvereinigung habe die Verhandlungen abgebrochen.
Der Pilotenstreik sollte bis kurz vor Mitternacht gehen. Danach waren drei Flüge gegen 01.00 Uhr geplant. Dazu würden die Piloten pflichtgemäß erscheinen, sagte ein Gewerkschaftssprecher. Er rechne damit, dass der Flugbetrieb in der Nacht und am Morgen plangemäß wieder anlaufe.