Thomas Cook tiefer in der Krise
London (dpa) - Europas zweitgrößter Reiseveranstalter Thomas Cook rutscht zur Wintersaison tiefer in die Krise.
Nachdem das Unternehmen bekanntgegeben hatte, dass es Gespräche mit Banken über höhere Kredite aufgenommen hat, um die besonders schwierige Zeit im Dezember und Januar zu meistern, brachen die Aktien am Dienstag um mehr als die Hälfte ein. Zeitweise sackten die Titel in London um mehr als 73 Prozent auf 10,94 Pence ab und erlitten so im Tagesvergleich ihren größten Kursverlust aller Zeiten. Der Unternehmenswert rutschte damit auf unter 100 Millionen Pfund (116 Mio Euro). Auch Tui-Aktien waren von dem Cook-Absturz betroffen. Sie sackten zeitweilig um mehr als 15 Prozent ab.
Übergangs-Chef Sam Weihagen versuchte zu beruhigen: „Wir führen unsere Geschäfte so wie immer. Die Flüge gehen nach Plan, die Reisebüros sind offen und wir nehmen Buchungen an.“ Der Reisekonzern hatte zuvor erklärt, dass die Geschäfte in einigen Bereichen zurückgegangen seien und man Probleme mit Bargeldreserven habe. Es gehe aber keinesfalls darum, dass man die bestehenden Kredite nicht zurückzahlen könne, hieß es. Vielmehr wolle man sich rüsten, falls die Lage weiterhin schwierig bleibe oder sogar noch schlimmer werde. Die für diesen Donnerstag angesetzte Veröffentlichung vorläufiger Jahresergebnisse wurde verschoben.
„In den vergangenen Monaten ist der Geschäft schlechter gelaufen, als wir vorausgesagt hatten“, sagte Weihagen am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Auch bei den Schätzungen für die Zahlen der letzten drei Monate 2011, was dem ersten Quartal des Geschäftsjahres 2011/12 entspricht, habe man nicht das erreicht, was man erwartet habe. Deshalb sollten die vorläufigen Jahresergebnisse 2010/11 erst dann präsentiert werden, wenn man Rücklagen vorlegen könne. „Wir sind zuversichtlich, dass wir von unseren Kreditgebern Unterstützung bekommen.“
Grund für die schlechten Geschäfte seien vor allem die Schuldenkrise und das derzeitige Konsumklima in Europa. „Das regt nicht gerade die Nachfrage nach Urlaub an“, erklärte Weihagen. Zudem mache die Lage in Nordafrika dem Tourismus weiter zu schaffen. Vor allem in Frankreich sei der Markt eingebrochen. Probleme habe man außerdem in Russland. Wegen der Überschwemmungen in Thailand ging die Nachfrage für Reisen nach Bangkok zurück.
Thomas Cook, hinter TUI Travel der zweitgrößte Reiseanbieter Europas, hatte bereits die Dividende streichen und mit seinen Banken Kreditkonditionen neu verhandeln müssen. Zudem gewährten die Geldgeber einen zusätzlichen kurzfristigen Kredit von 100 Millionen Pfund (116 Mio Euro). 900 Millionen Pfund Schulden sollen sich angehäuft haben. Wegen der Krise musste im August Vorstandschef Manny Fontenla-Novoa seinen Hut nehmen. Man sei auf der Suche nach einem Vorstand, so lange werde er aber weiter übergangsweise die Geschäfte führen, sagte Weihagen.
Medienberichte, denen zufolge Thomas Cook in Großbritannien rund 200 Reisebüros schließen und sechs Flugzeuge stilllegen will, wollte Weihagen nicht kommentieren. Um eine mögliche feindliche Übernahme mache man sich derzeit keine Gedanken. „Aber wir sind eine Aktiengesellschaft. Alles ist möglich.“