Thyssen-Krupp: Die Nerven liegen blank

Die Chefs von Thyssen-Krupp versuchen, wütende Aktionäre zu beruhigen.

Bochum. So leicht ist der mit allen Wassern gewaschene Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme (69) nicht aus der Fassung zu bringen. Doch Aktionär Oliver Krauß schaffte genau das. Gerade noch hatte Heinrich Hiesinger, der bei den Anteilseignern angesehene Vorstandschef des Stahlkonzerns, mit seiner Rede eher Zuversicht bei der Hauptversammlung verbreitet, da sorgte Krauß mit einem aggressiv vorgetragenen Antrag für Turbulenzen im Bochumer Ruhr-Congress. Er forderte Cromme auf, die Versammlungsleitung abzugeben.

Garniert mit einem gegen Cromme gerichteten Angriff, den er wegen dessen Art, Vorwürfe an sich abperlen zu lassen, als „größte Teflonpfanne der Republik“ bezeichnete, hielt Krauß dem Aufsichtsratschef vor: Es gehe in der Hauptversammlung ja auch um Crommes Entlastung als Aufsichtsrat, daher gebe es einen Interessenkonflikt. Cromme verlor kurz die Fassung und reagierte dann schroff. Pfiffe und Buhrufe begleiteten seine Entscheidung, den Antrag abzulehnen — ohne die Aktionäre darüber abstimmen zu lassen.

Zuvor hatte Cromme ein versöhnliches Zeichen gesetzt. Der Aufsichtrat habe beschlossen, auf die Hälfte der Vergütung für das Geschäftsjahr 2011/12 zu verzichten. Für Cromme bedeutet diese „Geste der Betroffenheit und Solidarität mit Ihnen, unseren Aktionären“ einen Verzicht auf 105 250 Euro. Auch der scheidende Thyssen- Krupp-Aufsichtsrat und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück muss auf die Hälfte seiner 55 750 Euro verzichten.

Hintergrund der „Solidaritätsgeste“ an die Anteilseigner sind die nicht abreißenden Negativnachrichten, die der Konzern in den vergangenen Monaten produzierte: Es gibt nicht nur den Verlust von fünf Milliarden Euro im vergangenen Jahr, infolgedessen die Aktionäre keine Dividende erhalten.

Da ist auch noch der Vertrauensverlust, den das Unternehmen durch vom Bundeskartellamt nachgewiesene und mit 103 Millionen Euro Bußgeld geahndeten Kartellabsprachen zu Lasten der Deutschen Bahn aushalten muss. Und es gibt die Berichte über von Thyssen-Krupp bezahlte Luxusreisen für Aufsichtsräte und Journalisten, Investitionsruinen bei Stahlwerken in Brasilien und den USA.

Nicht immer nur zurückzublicken — daran appellierte Vorstandschef Heinrich Hiesinger vor den mehreren hundert Aktionären. Er versprach einen umfassenden Kulturwandel im Unternehmen. Wer dabei nicht mitziehe, „hat bei uns nichts zu suchen. Kartellabsprachen und Korruption sind für uns keine Mittel, um Aufträge zu erreichen“. Und er beruhigte die Aktionäre: Der Verkauf der Edelstahlsparte Inoxum (Krefeld) an den finnischen Konzern Outokumpu habe die Bilanz deutlich entlastet.

Mit dem Verkaufsprozess der defizitären Stahlwerke in Amerika liege man „voll im Plan“. Die Liquidität des Konzerns „ist für die Folgejahre vollständig gesichert, Thyssen-Krupp ist solide finanziert“, so Hiesinger.

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