Tipps vom Experten: Ausstieg aus teurem Hauskredit
Der Düsseldorfer Verbraucheranwalt Julius Reiter hält die Widerrufsbelehrung in Millionen von Verträgen für angreifbar.
Düsseldorf. Über die Möglichkeit, per Widerruf aus einem hochverzinsten Baukreditvertrag auszusteigen, sprachen wir mit Julius Reiter, Düsseldorfer Anwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht.
Herr Reiter, fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in Baukreditverträgen machen den Banken Sorgen und sind eine Chance für die Kunden zum Ausstieg aus hochverzinsten Verträgen. Wie viele Verträge sind betroffen?
Julius Reiter: Wir schätzen, dass die Zahl bundesweit im Millionenbereich liegt.
Wie kommen Sie auf solche Dimensionen?
Reiter: Allein unsere Kanzlei hat in diesem Jahr bereits mehr als 2000 Verträge überprüft. In mehr als 80 Prozent der uns vorgelegten Fälle war die Widerrufsbelehrung fehlerhaft.
Und was heißt das dann — raus aus dem Vertrag, Geld gespart?
Reiter: Nicht immer gibt sich die Bank kampflos geschlagen. Meist können wir erreichen, dass der Kunde aus dem Vertrag entlassen wird und einen neuen Kreditvertrag zu den derzeit marktüblichen erheblich günstigeren Konditionen bekommt.
Wie wirkt sich das in Euro aus?
Reiter: Das kommt auf die Höhe des Kredits, die Laufzeit und den Zinssatz an. So wurde etwa in einem Fall für einen unserer Mandanten der Vertrag — es ging um ein Darlehen von 210 000 Euro — auf marktübliche Konditionen umgestellt. Finanzielle Ersparnis in zehn Jahren: 33 000 Euro. Wir haben auch Fälle verhandelt, in denen die Ersparnis im sechsstelligen Bereich liegt. Die meisten unserer Mandanten halbieren ihre Zinslast und zahlen bei gleicher Monatsrate ihren Kredit einige Jahre früher zurück. Das Einsparpotenzial ist also enorm.
Woran erkennt man eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung, die einen zum Vertragsausstieg berechtigt?
Reiter: Hier gibt es zahlreiche Varianten, wir haben schon 250 verschiedene Formulierungsfehler entdeckt.
Haben Sie ein Beispiel?
Reiter: Wenn etwa die Widerrufsbelehrung lautet: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ Das ist irreführend, weil der Kunde dann denken muss, seine Widerrufsberechtigung hänge noch von weiteren Bedingungen ab.
Ist es denn so einfach, per Widerruf auszusteigen? Immer wieder ist zu hören, dass andere Banken dann keinen Kredit mehr geben — und der Kunde steht ohne Geld da.
Reiter: Das ist unberechtigte Angstmache. Wenn die Banken sich in dieser Weise absprächen, bekämen sie kartellrechtliche Probleme und Ärger mit der Finanzaufsicht. Im Übrigen vermitteln sehr oft Kundenbetreuer einer Bank Mandanten an uns. Wir helfen dann den Kunden, rechtlich aus dem teuren Altvertrag auszusteigen. Der Banker kann so seinem neuen Kunden eine günstige Anschlussfinanzierung vermitteln. Das ist dann eine echte Win-Win-Situation.
Die Banken beklagen, dass das Widerrufsrecht doch nicht dafür herhalten könne, dass der Kunde noch nach Jahren aus dem Vertrag aussteigt.
Reiter: Das Argument zieht nicht. Die Widerrufsbelehrung ist eine wichtige Verbraucheraufklärung. Fehler gehen zulasten des Anbieters. Wird dies nicht konsequent sanktioniert, so wird der Sinn der Widerrufsbelehrung verfehlt. So sieht es übrigens auch der Bundesgerichtshof.