Touristenrekord in Deutschland
Wiesbaden (dpa) - Das Reiseland Deutschland feiert einen Rekord: Im Jahr 2010 haben so viele Gäste in Hotels und anderen Berbergungsbetrieben übernachtet wie noch nie, berichtete am Mittwoch das Statistische Bundesamt.
Für Häuser mit mehr als neun Betten wurden im vergangenen Jahr 380,3 Millionen Übernachtungen gezählt, von denen der Löwenanteil mit 320 Millionen auf Gäste aus dem Inland entfiel. Die Steigerung brachten aber vor allem Touristen und Geschäftsreisende aus dem Ausland, deren Zahl um 10 Prozent auf 60,3 Millionen stieg.
Insgesamt betrug das Übernachtungsplus im Vergleich zu 2009 rund 3 Prozent. Ein weiteres Wachstum könnte drin sein, wenn viele Touristen wegen der politischen Unsicherheiten in Nordafrika ihre Sommerpläne umwerfen. Immerhin jeder zweite Bundesbürger passe sein Reiseverhalten den Terror- und Reisewarnungen an, ergab die in Hamburg vorgestellte Deutsche Tourismusanalyse.
Nur 13 Prozent der 4000 Befragten gaben an, sich von Krisen nicht beeinflussen zu lassen. Ein Drittel der Leute gab sogar an, ausschließlich in risikoarme Regionen zu reisen.
Eine ähnliche Steigerung der Übernachtungszahlen hatte es zuletzt im Jahr 2006 zur Fußball-WM gegeben. Auch für 2011 setzt die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) auf König Fußball. Die Frauen-WM wie auch Veranstaltungen rund um den 125.
Geburtstag des in Deutschland erfundenen Automobils sollen die aktuellen Besuchermagneten werden. In den kommenden zehn Jahren könne die Zahl der ausländischen Besucher noch einmal um ein weiteres Drittel auf 80 Millionen gesteigert werden, erklärte DZT-Chefin Petra Hedorfer in Berlin.
Vor allem die Hotels und hier noch einmal besonders stark die in den größeren Städten konnten im vergangenen Jahr zulegen. In den Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern lag das Gästeplus bei 9 Prozent, die Häuser in den kleineren Kommunen mussten sich mit einem 1 Prozent Zuwachs begnügen. Die Hotels waren auch die einzige Gattung mit Zugewinnen, während die ebenfalls erfassten Reha-Kliniken leicht verloren und andere touristische Anbieter wie zum Beispiel Campingplätze und Ferienheime stagnierten.
Neben der schnellen Erholung der Geschäftsreisen haben das ständig wachsende Segment der Städtereisen stark zu dem Rekord beigetragen, sagte der Chef des Veranstalters Ameropa, Martin Katz, in Bad Homburg der Nachrichtenagentur dpa. Für den Markt würden Kurzreisen immer wichtiger, von denen nahe Ziele naturgemäß am meisten profitierten. Eine zentrale Rolle spielten außergewöhnliche Kulturangebote wie im vergangenen Jahr die Botticelli-Ausstellung in Frankfurt oder die Veranstaltungen zur Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet. „Wenn man etwas tut, anbietet und es sehr breit kommuniziert, dann kommen auch die Gäste.“ Das Ruhrgebiet habe zweistellige Zuwachsraten bei den Übernachtungen erzielt.
Deutsche Städte könnten im internationalen Vergleich mit einem herausragenden Preis-Leistungs-Verhältnis glänzen, meinte Katz. Die Hauptstadt Berlin liege in der Gunst der Gäste an der Spitze unter anderem wegen des Überangebots von Fünf-Sterne-Hotels, die häufig zum Drei-Sterne-Preis angeboten würden.
Die deutschen Regionen auch außerhalb der Touristenmagneten Nord- und Ostsee sowie den Alpen müssten stärker mit ihrer Vielfalt und Themen wie Wellness, Kulinarik und sportlichen Aktivitäten werben, sagte Katz. „'In der Rhön ist es schön' reicht schon lange nicht mehr. Das sagen schließlich alle.“
Positiv habe sich die abgesenkte Mehrwertsteuer für die Hotels ausgewirkt, meinte Katz. Sie habe zwar kaum zu niedrigeren Preisen geführt, aber etliche Investitionen in die Qualität ausgelöst. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) lobte die starke mittelständische Tourismusindustrie für ihren Beitrag zum Gäste-Boom.
Der Deutsche Reiseverband (DRV) betonte das breite Angebot in den deutschen Zielen, die sämtlich auch über Kataloge in den Reisebüros buchbar seien. „Es gibt vielmehr Pauschalangebote auch für Inlandsreisen“, berichtete DRV-Sprecherin Sibylle Zeuch. Als Beispiele nannte sie Pakete zum Besuch von Musicals oder einer Aufführung in der Semper-Oper in Dresden.
Wenig Freude machen den Veranstaltern die Kosten für Rückholaktionen und Stornierungen in den Krisenstaaten Ägypten und Tunesien. Tui-Chef Michael Frenzel nannte am Mittwoch eine Summe zwischen 31 und 37 Millionen Euro. Auch in der Sommersaison könne es noch Verschiebungen zu Lasten von Ägypten und Tunesien geben.