Tui schickt Chinesen auf die Reise
Der deutsche Marktführer erhält eine begehrte Lizenz im Reich der Mitte. Das Wachstumspotenzial gilt als gigantisch.
Peking. Als erster europäischer Reiseveranstalter steigt Tui ins rasant wachsende Geschäft mit Auslandsreisen von Chinesen ein. Das Potenzial ist enorm: Bis 2020 soll sich die Zahl der chinesischen Touristen in Europa auf acht Millionen vervierfachen. Mit seinem wachsenden Wohlstand werde sich China in zwei Jahren zum weltweit zweitgrößten Reise- und Tourismusmarkt nach den USA emporschwingen, erwartet die Boston Consulting Group.
Schon frühzeitig war Tui in China aktiv. 2003 gründete der Reiseveranstalter mit dem staatlichen China Travel Service ein Gemeinschaftsunternehmen. Tui hält daran 75 Prozent der Anteile — bis heute ist es das einzige Unternehmen im Reisesektor, an dem ein ausländischer Investor eine Mehrheit hält. Der Lohn des Einsatzes: Die nationale Tourismusbehörde erteilte dem Joint-Venture Tui China eine „Outbound-Lizenz“. Nur zwei andere ausländische Anbieter haben bisher eine solche Erlaubnis.
Damit kann das Unternehmen künftig Auslandsreisen anbieten und vom wachsenden Strom chinesischer Touristen ins Ausland profitieren. „Wir haben frühzeitig und vorausschauend in den Wachstumsmarkt China investiert“, sagt Tui-Konzernchef Michael Frenzel. Denn für Chinas neuen Mittelstand ist Reisen eines der wichtigsten Vorhaben. Die Zahl der Auslandsreisen soll in den nächsten zehn Jahren um 17 Prozent jährlich steigen.
Doch viele Reiseveranstalter sind auf chinesische Wünsche unzureichend eingestellt, bemängelte Boston Consulting in einer Studie. „Wenige europäische und amerikanische Reiseanbieter verstehen wirklich, was chinesische Touristen wollen“, heißt es.
„Chinesen reisen anders als Europäer und Amerikaner. Sie sind im Schnitt jünger und unerfahrener als westliche Zielgruppen und oft in großen Gruppen unterwegs“, sagt Achim Fechtel, Tourismusexperte und Partner bei BCG. Und während westliche Touristen ihr Geld vor allem für Übernachtung und Essen ausgeben, sind die Chinesen auch sonst ziemlich spendabel. Die Hälfte ihres Reisebudgets geben sie beim Shopping aus — gerne auch für Luxusartikel als Mitbringsel für Familie und Freunde daheim.