Tarifvertrag Übergangsfrist für Mindestlohn in der Landwirtschaft endet
Schwerin (dpa/mv) - In der Landwirtschaft endet 2017 die dreijährige Übergangsfrist für die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes. Das Paradoxe: Seit November und noch bis Jahresende zahlen die Arbeitgeber einen Tariflohn von 9,10 Euro, also mehr als den Mindestlohn von 8,84 Euro.
Zum 1. November hatten der Land- und forstwirtschaftliche Arbeitgeberverband und die IG Bauen-Agrar-Umwelt einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Branche vereinbart, wie der Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes für Mecklenburg-Vorpommern, Hans-Heinrich Rave aus Schlieven bei Parchim, sagte. Bis Ende Oktober habe der Mindestlohn Ost wie West 8,60 Euro betragen.
Zum Jahresende läuft die 9,10-Euro-Regelung nun aber schon wieder aus. Das Ergebnis einer Verhandlung um die Weiterzahlung soll am 20. Dezember bekanntgegeben werden. „Wir Arbeitgeber in Mecklenburg-Vorpommern haben das Angebot gemacht, auch weiterhin 9,10 Euro zu zahlen“, sagte Rave. Für Dirk Johne, stellvertretender Regionalleiter der IG BAU im Norden, ist das Ergebnis noch völlig offen. Er wisse von Arbeitgebern, die gerne wieder weniger zahlen würden, sagte er. „Dabei ist es erbärmlich, über 9,10 Euro zu diskutieren.“
Rave sieht keine großen Schwierigkeiten für die Agrarbetriebe durch die höheren Lohnzahlungen. Er selbst führt in Schlieven bei Parchim einen großen Betrieb mit 1000 Milchkühen und 26 Mitarbeitern. Um die Erhöhung des Stundenlohns um 50 Cent Anfang November habe es kaum Diskussionen gegeben, sagte er. Der eine oder andere Betrieb zahle vielleicht nur den Mindestlohn. „Ein normaler Betrieb mit Dauerarbeitskräften zahlt deutlich darüber“, meinte Rave.
Nach seiner Ansicht spielt der Mindestlohn nur für Betriebe mit Saisonkräften etwa zum Spargelstechen oder Erdbeerpflücken eine Rolle. Diese müssten den osteuropäischen Saisonarbeitern den Mindestlohn zahlen, obwohl billigeres Obst und Gemüse aus Osteuropa ihnen direkte Konkurrenz machten.
Johne sieht das nicht ganz so. Es gebe Betriebe, deren Bezahlung von Facharbeitern sich lediglich am Mindestlohn orientiere. Auch sei nicht überall gewährleistet, dass der laut Papier gezahlte Lohn den tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden entspreche. In der Saison seien 10 oder 12 Stunden keine Seltenheit.
Rave zufolge werden bis Ende Januar in einer Umfrage bei den Betrieben die Auswirkungen der höheren Löhne ermittelt. Ihm selbst sei kein Betrieb bekannt, der deshalb aufgegeben oder umstrukturiert habe.