Urteil: Stromkunden benachteiligt
Zu hohe Abschläge, zu späte Erstattungen — Anbieter muss seine Praxis ändern.
Düsseldorf. „96,2 Prozent unserer Kunden haben ExtraEnergie positiv bewertet.“ So rühmt sich der Ökostromanbieter auf seiner Internetseite. Doch Jürgen Schröder hat einen anderen Eindruck von der Kundenfreundlichkeit des Neusser Anbieters mit einer Million Abnehmern. Der Jurist der Verbraucherzentrale NRW ist sogar rechtlich gegen das Unternehmen vorgegangen. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf haben die Verbraucherschützer nun Recht bekommen.
Die Verbraucherzentrale NRW hatte gegen ExtraEnergie geklagt, weil der Versorger seinen Kunden Abrechnungsguthaben erst nach und nach mit den Monatsabschlägen erstattete. Dies befanden die Richter des OLG Düsseldorf (Az. I-20 U136/14) für unzulässig. Guthaben seien unverzüglich und vollständig auszuzahlen.
Die Verbraucherzentrale hatte auch gegen überhöhte Abschlagsforderungen des Versorgers geklagt: So hatte ExtraEnergie die relativ hohen Abschläge des vorherigen Lieferjahres einfach beibehalten, selbst wenn sich aus der Abrechnung ein geringerer Verbrauch ergab.
Auch hier schlossen sich die OLG-Richter der Auffassung der Verbraucherschützer an: Künftige Abschläge dürften nur in angemessener Höhe verlangt werden, ausgerichtet am mutmaßlichen Verbrauch des Kunden. Der in jahrelangem Kampf gegen das Kleingedruckte von Strom- und Gasanbietern erfahrene Verbraucherschützer Schröder hält das Vorgehen von ExtraEnergie zwar nicht für repräsentativ für die Branche.
Doch versuchten sich immer wieder auch andere Anbieter mit verschiedenen Methoden (siehe Infokasten) an der „Taktik, das Geld in der Tasche zu behalten“. So würden zum Beispiel Kunden durch eine Sonderaktion mit dem Versprechen eines 25- Prozent-Rabatts geködert. Wenn sie später in einen anderen Tarif beim selben Anbieter wechselten, bekämen sie unter Verweis aufs Kleingedruckte gesagt, dass dann auch der Rabatt verfalle.
Im Fall von ExtraEnergie rät Schröder den Kunden, auf unverzügliche Erstattung etwaiger Guthaben und eine realistische Abschlagsermittlung zu pochen. Ein Rechnungsguthaben müsse unverzüglich erstattet, spätestens aber mit der nächsten Abschlagszahlung komplett verrechnet werden. Falls ein Guthaben den nächsten Abschlag übersteigt, müsse die Differenz spätestens bei Fälligkeit des nächsten Abschlags ausgezahlt werden.
Auch hinsichtlich anderer Stromanbieter kann es ratsam sein, zu hohen Abschlagszahlungen durch eigene Berechnungen einen Riegel vorzuschieben. „Das lässt sich leicht machen“, sagt Schröder. „Der bisherige Verbrauch aus der letzten Jahresrechnung wird mit dem aktuellen Arbeitspreis multipliziert und zum Grundpreis für das nächste Jahr addiert. Diese Summe geteilt durch zwölf Monate beziffert dann die Höhe des neuen Abschlags.“