US-Konjunktur lahmt: Notenbank senkt Prognose

Washington (dpa) - Rund zwei Jahre nach Ende der großen Rezession erholt sich die Wirtschaft in den USA noch immer nicht mit dem erhofften Tempo. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate musste die US-Notenbank am Mittwoch ihre Konjunkturprognose senken.

Die Erholung verlaufe „frustrierend langsam“, sagte der Chef der Federal Reserve (Fed), Ben Bernanke, nach einer Sitzung des Offenmarktausschusses in Washington. Er deutete an, dass die seit Ende 2008 bestehende Nullzinspolitik kein baldiges Ende finden werde.

Für 2011 sei nur noch ein Wachstum zwischen 2,7 und 2,9 Prozent zu erwarten. Im April war noch eine Zunahme von 3,1 bis 3,3 Prozent vorausgesagt worden - im Januar hatte die Prognose sogar zwischen 3,4 und 3,9 Prozent gelegen. „Wir haben keine präzise Erkenntnis, warum diese niedrigere Wachstumsrate so beharrlich ist“, sagte Bernanke.

Die Sorgen um die US-Wirtschaft haben den deutschen Aktienmarkt am Donnerstag deutlich belastet. Der Dax stand am Nachmittag mit minus 1,61 Prozent bei 7160,70 Punkten auf Tagestief. Analyst Frank Schneider von Alpha Wertpapierhandel sagte: „Die schwächeren Konjunkturdaten und die Hängepartie in der Schuldenkrise beschäftigen den Markt weiter und das sorgt für anhaltende Unsicherheit.“

Vor allem die schlechten Daten auf dem Jobmarkt zeugten von einer Schwächephase der US-Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote war zuletzt wieder auf 9,1 Prozent gestiegen. Nach der neuesten Notenbank-Schätzung wird sie sich in diesem Jahr zwischen 8,6 und 8,9 Prozent einpendeln - und damit höher liegen als zuvor angenommen.

Trotz der pessimistischeren Aussichten gab Bernanke keine konkreten Hinweise auf zusätzliche Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft, schloss aber neuerliche Aktionen auch nicht aus.

Die aktuelle Schwächeperiode sei weitestgehend vorübergehend, sagte der Fed-Chef. So hätten höhere Preise für Nahrungsmittel und Energie der Konjunktur geschadet. Auch die Erdbebenkatastrophe in Japan habe sich negativ auf die US-Industrie ausgewirkt. Spätestens im kommenden Jahr werde die Wirtschaft wieder schneller an Fahrt gewinnen. Als hartnäckige Bremser könnten sich jedoch Faktoren wie der schwache Häusermarkt erweisen.

Die Fed zeigte sich zunächst unbesorgt über steigende US-Verbraucherpreise und beließ ihren Leitzins wie erwartet bei 0,0 bis 0,25 Prozent. Damit geht sie weiterhin einen anderen Weg als etwa die Europäische Zentralbank, die eine neuerliche Leitzinserhöhung möglich erscheinen lässt.

Dass die Inflationsrate im Mai aufs Jahr gerechnet von 3,2 auf 3,6 Prozent gestiegen war, sehen die Notenbanker als temporäres Phänomen. Es sei vor allem auf höhere Rohstoff- und Importpreise zurückzuführen, die wieder sinken würden. Im Laufe des Jahres werde die Rate in einer Spanne von 2,3 bis 2,5 Prozent liegen.

Bernanke bekräftigte, das zweite Ankaufprogramm von Staatsanleihen über 600 Milliarden Dollar (415 Milliarden Euro) wie geplant Ende Juni auslaufen zu lassen. Mit dem „Quantitative Easing 2“ sollten langfristige Zinsen gesenkt und die Amerikaner zum Konsum angeregt werden. Sollten es die Umstände erfordern, könnte die Notenbank aber zusätzliche Maßnahmen ergreifen. Dazu gehörten weitere Anleihenkäufe oder geringere Zinsen für Bankeinlangen bei der Notenbank.