US-Notenbank macht Märkte nervös
Washington/Frankfurt (dpa) - Die neue US-Notenbank-Chefin Janet Yellen hat mit widersprüchlichen Aussagen zur künftigen Geldpolitik weltweit die Märkte in Aufregung versetzt.
Obwohl sie betonte, dass die Federal Reserve (Fed) ihre Unterstützung der Konjunktur weiter nur sehr langsam abbaue, löste sie dennoch Spekulationen über eine vorzeitige Anhebung des Leitzinses aus.
Aktien, Anleihen und der Euro gerieten am Donnerstag als Konsequenz unter Druck. Die US-Börsen erholten sich hingegen am Tag nach den Yellen-Äußerungen wieder.
Im Kern behält die Notenbank zunächst ihren Kurs einer ungewöhnlich lockeren Geldpolitik bei. Die monatlichen Käufe von langfristigen Staatsanleihen und Immobilienpapieren wurden zum dritten Mal in diesem Jahr erneut nur leicht um 10 Milliarden Dollar (7,2 Mrd Euro) auf 55 Milliarden Dollar reduziert.
Die seit 2012 laufenden Wertpapierkäufe sind eine Maßnahme zur Stärkung der Wirtschaft, um langfristige Zinsen zu drücken und damit Reiz für Investitionen zu schaffen.
Auch der Leitzins bleibt auf dem historischen Tief von null bis 0,25 Prozent. Doch neue Prognosen der Top-Notenbanker lassen darauf schließen, dass eine erste Anhebung etwas früher als gedacht kommen könnte.
„In der Gesamtschau lassen sich die Informationen als eine jetzt noch nicht erwartete sehr frühe Vorbereitung auf die erste Leitzinserhöhung Mitte 2015 interpretieren“, sagte Rudolf Besch von der Dekabank. Bisher hatten die Märkte eine Erhöhung in den USA erst im Herbst 2015 erwartet.
Yellen hatte bei ihrer ersten Pressekonferenz als Vorsitzende gesagt, die Anleihekäufe der Fed könnten im Herbst auslaufen und „etwa sechs Monate“ später könnten erstmals die Leitzinsen erhöht werden.
Viele Experten bezeichneten die Aussage als mögliches Versehen. Tatsächlich betonte Yellen mehrfach, nur ausreichend positive Daten auf dem Arbeitsmarkt und eine Inflationsrate von mehr als zwei Prozent würden Zinserhöhung auslösen. Beide Faktoren seien weit von ihrer Zielmarke entfernt. „Es hängt davon ab, wie die Umstände sind.“
Die Aktienmärkte reagierten zunächst überwiegend mit Verlusten auf die Aussicht möglicherweise steigender Zinsen. Unter Druck gerieten auch die Kurse von Staatsanleihen. Der Eurokurs fiel bereits am Mittwoch zum Dollar um rund einen Cent.
Die Commerzbank erwartet weitere Verluste für den Euro. „Die Reaktion des Dollar gestern war nur ein Vorgeschmack“, schreibt Devisenexperte Ulrich Leuchtmann. Bis zum Jahresende sollte der Euro laut der Bank bis auf 1,34 Dollar fallen.
Bisher hatte die Fed stets vermieden, einen Zeitrahmen für mögliche Zinserhöhungen nennen. Sie hatte versprochen, frühestens einen Dreh an Zinsschraube zu erwägen, wenn die Arbeitslosigkeit unter 6,5 Prozent falle. Da die Quote mit derzeit 6,7 Prozent diesem Ziel sehr nah gekommen ist, ohne dass die Wirtschaft sich nach Ansicht der Zentralbank ausreichend erholt habe, wollen die Zentralbanker künftig zusätzliche ökonomische Daten stärker gewichten.
Diese seien auch von anderen Begebenheiten abhängig. Zu den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine sagte Yellen etwa: „Das ist etwas, was wir sehr genau beobachten (...) Offensichtlich gibt es dort geopolitische Risiken, und es ist wichtig für uns, dass wir ein Auge darauf werfen.“
Negative Folgen für die USA und die Märkte seien derzeit aber nicht sichtbar, weil der US-Handel mit der Region nicht groß sei. Falls sich die Spannungen aber zuspitzen sollten, drohten Konsequenzen für die Finanzmärkte.
Der Wirtschaftsausblick der Fed fiel ein bisschen schlechter als bisher aus. Demnach wird die US-Konjunktur in diesem Jahr zwischen 2,8 und 3,0 Prozent zulegen. Bisher war die Notenbank von 2,8 bis 3,2 Prozent ausgegangen. Besser sehe es hingegen auf dem Arbeitsmarkt aus. Die Erwerbslosenquote falle in diesem Jahr laut der Schätzung auf 6,1 bis 6,3 Prozent. Zuvor war die Notenbank von einem Wert zwischen 6,3 und 6,6 Prozent ausgegangen.