US-Ratingriese stuft Kreditwürdigkeit Japans herab
Tokio (dpa) - Rückschlag für das von der Jahrhundertkatastrophe schwer gebeutelte Japan: Die große US-Ratingagentur Moody's hat die Kreditwürdigkeit Japans herabgestuft. Die Bonität sinkt um eine Note von „Aa2“ auf „Aa3“, wie die Agentur am Mittwoch mitteilte.
Der Ausblick für die Bonität der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt bleibt aber „stabil“. Die Verschuldung Japans ist die höchste unter allen Industrieländern. Es ist die erste Herabstufung Tokios seit neun Jahren. Schlechtere Noten erteilte die Ratingagentur auch großen japanischen Banken.
Moody's begründete die Abstufung mit Japans hohem Haushaltsdefizit sowie dem Anstieg der Staatsschulden seit der globalen Rezession in 2009. Die Staatsschulden Tokios belaufen sich inzwischen auf 218 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) belaufen. Selbst Griechenland liegt aktuell mit 158 Prozent darunter.
Japan ist allerdings fast ausschließlich bei den eigenen Bürgern verschuldet und kann sich somit am internationalen Kapitalmarkt mit Geldaufnahmen zurückhalten, was die Zinsen niedrig hält. Die asiatischen Aktienmärkte reagierten auch deshalb kaum. Die Tokioter Börse schloss am Mittwoch mit einem Minus von 1,07 Prozent.
Allerdings trägt auch Japan mit seiner schleppenden Wirtschaft und dem Reformstau zur Nervosität der Märkte bei. Die Herabstufungen der Bonität hoch verschuldeter Länder, wie zuletzt die der USA durch Standard & Poor's, wird für die dramatischen Einbrüche an den Börsen in den vergangenen Wochen verantwortlich gemacht.
Der japanische Finanzminister Yoshihiko Noda bekräftigte, dass das Vertrauen in japanische Staatsanleihen weiterhin ungebrochen sei. Noda kündigte an, die heimischen Unternehmen zu stützen. Die Exportwirtschaft leidet unter der Stärke des Yen.
Noda teilte mit, dass über die staatliche Kreditagentur für den Außenhandel (Japan Bank of International Cooperation) Fremdwährungsreserven im Wert von 100 Milliarden US-Dollar freigegeben werden. Unter anderem sollen damit Investitionen heimischer Unternehmen im Ausland angeregt werden. Dies beeindruckte die Händler kaum. Der Yen stieg im Verhältnis zum US-Dollar.
Die Abstufung der Bonität erhöht den Druck auf Japans Politik, die desolaten öffentlichen Finanzen zu sanieren. In der kommenden Woche steht in Japan ein Wechsel an der Regierungsspitze an, Premier Naoto Kan hat seinen Rücktritt in Aussicht gestellt.
Die Herabstufung erfolgte trotz der Bemühungen der japanischen Regierung, die öffentlichen Finanzen wieder in den Griff zu bekommen. Dazu gehört das kürzlich erklärte Vorhaben, die Verbrauchsteuer in den nächsten Jahren stufenweise auf 10 Prozent zu verdoppeln. Mehrere Faktoren machten es jedoch für Japan schwierig, den Anstieg der Schulden in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu verlangsamen, begründete die US-Ratingagentur ihren Beschluss.
Moody's äußerte zudem Zweifel daran, ob ein neuer Premier angesichts der Zerstrittenheit in der Regierungspartei DPJ sowie der Patt-Situation im Parlament in der Lage sein wird, die geplante Steuerreform anzupacken. Die Opposition hält die Mehrheit im Oberhaus und kann damit Gesetzesvorhaben der Regierung erschweren. Hinzu komme, das Japans wirtschaftliche Erholung durch die Erdbeben- und Tsunamikatastrophe vom 11. März beeinträchtigt worden sei, hieß es.
Japan galt vor Jahrzehnten - wegen seiner damals modernen Fertigungs- und Managementmethoden - als Musterknabe der Weltwirtschaft. Derzeit hat die Wirtschaft den Rückwärtsgang eingelegt. Der Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben mit dem Tsunami und Atomkatastrophe als Folge soll die Konjunktur im weiteren Jahresverlauf ankurbeln. Dem Land fehlt aber die Dynamik durch die chronische Deflation - die Gesellschaft ist überaltert, die Strukturprobleme sind gravierend. China hat das Land bereits im vergangenen Jahr als zweitgrößte Volkswirtschaft überflügelt.