Verbraucher in Deutschland bekommen mehr fürs Geld

Wiesbaden (dpa) - Auf Auslandsreisen merken es Deutsche schnell: In den meisten Nachbarländern bekommen sie weniger für ihr Geld als in der Heimat.

Vor allem in der Schweiz oder in Dänemark sind Hotels, Cafés und Restaurants deutlich teurer. Dasselbe gilt für Nahrungsmittel, Alkohol oder Tabakwaren.

Insgesamt lag das Niveau der Verbraucherpreise in Deutschland 2014 um 1,5 Prozent über dem Durchschnitt der 28 EU-Länder, wie das Statistische Bundesamt berichtet - doch außer in Polen und Tschechien kosten Waren und Dienstleistungen in allen Anrainerstaaten mehr als hier. Und: Deutschland ist im EU-Vergleich billiger geworden. 2009 mussten Verbraucher hier für Konsumgüter und Dienstleistungen noch sieben Prozent mehr bezahlen als EU-weit.

Dass Deutschland über dem Schnitt liegt, ist vor allem auf Staaten im Osten zurückzuführen, die wie das billigste EU-Land Bulgarien den Durchschnitt kräftig nach unten ziehen: Dort müssen die Verbraucher für den Kauf eines repräsentativen Warenkorbs nicht einmal halb so viel (48 Prozent) bezahlen wie in der EU insgesamt. Rumänien (54 Prozent) und das bei deutschen Urlaubern beliebte Reiseland Türkei (61 Prozent) sind ebenfalls vergleichsweise günstig.

Für das pleitebedrohte Griechenland gilt das nur bedingt: Das Land ist zwar deutlich günstiger geworden, bleibt mit einem Preisniveau von 86 Prozent des EU-Schnitts aber deutlich teurer als etwa die Türkei. Auch in anderen Südländern wie Portugal (81 Prozent) oder Spanien (93) ist das Leben billiger als im EU-Schnitt. Das freut auch deutsche Touristen, die im Süden günstiger übernachten, essen, trinken oder Kleidung kaufen können als in der Heimat.

Hingegen ist Italien mit einem Preisniveau von 101,9 Prozent sogar minimal teurer als Deutschland. Zum Vergleich: Hierzulande sind Hotels und Gaststätten nach Eurostat-Zahlen drei Prozent billiger als im EU-Schnitt, in Italien 9 Prozent teurer. Auch für Getränke mit und ohne Alkohol, Tabak und Nahrungsmittel müssen Verbraucher in Bella Italia etwas mehr bezahlen als in Europas größter Volkswirtschaft.

Das teuerste Pflaster in der EU ist aber Skandinavien: In Dänemark liegen die Lebenshaltungskosten um 38 Prozent über dem EU-Durchschnitt, in Schweden um 25 und in Finnland um 23 Prozent.

Noch tiefer müssen Verbraucher im Nicht-EU-Land Norwegen (+48 Prozent) in die Taschen greifen. Das teuerste Land Europas ist aber die Schweiz: Dort liegt das Niveau der Verbraucherpreise um 54 Prozent über dem EU-Schnitt. „Norwegen und die Schweiz funktionieren gut. Das führt dazu, dass viel Geld in diese kleinen Länder strömt und sie aufwerten müssen. Das macht sie teuer“, sagt Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater.

Für Auslandsreisende sind die Preisunterschiede durchaus spürbar, wie der Bankenverband vorrechnet. Demnach ist der Euro aus Sicht des deutschen Urlaubers in Dänemark nur 74 Cent und in Norwegen nur 70 Cent wert, in Frankreich und Österreich immerhin 94 Cent: „Das wohl teuerste Urlaubsdomizil in Europa dürfte die Schweiz sein. Dort beträgt die Kaufkraft des Euro nur etwa 57 Cent.“ Hingegen müsse der Urlauber in der Türkei nur einen Euro für Waren und Dienstleistungen bezahlen, die in Deutschland 1,55 Euro kosten.

Besonders groß sind die Preisunterschiede in Europa bei alkoholischen Getränken und Tabakwaren. Die Spanne reicht von 58 Prozent des EU-Durchschnitts in Bulgarien bis 170 Prozent in Irland. „Es ist zu beachten, dass diese großen Preisunterschiede in erster Linie auf die unterschiedliche Besteuerung dieser Produkte in den einzelnen Mitgliedstaaten zurückzuführen sind“, betonen die Statistiker von Eurostat in Luxemburg. Dabei sind Bier oder Zigaretten in Irland bei Weitem nicht so teuer wie im Nicht-EU-Land Norwegen: Dort liegt das Preisniveau für Alkohol und Tabak bei 239 Prozent des EU-Schnitts.

In Deutschland sind Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke im EU-Vergleich relativ teuer: Sie kosten neun Prozent mehr als im Schnitt. Für Bekleidung müssen Verbraucher ein Prozent mehr ausgeben als im Schnitt der 28 EU-Länder. Weniger kosten Dienstleistungen von Hotels und Restaurants (minus drei Prozent), Autos (-4), Unterhaltungselektronik (-5) sowie Alkohol und Tabak (-11).

Ein Hauptgrund für das vergleichsweise niedrige Preisniveau in Deutschland dürfte die Lohnentwicklung der vergangenen Jahre in Folge der Agenda 2010 sein, betont Kater: „Deutschland hat derartig an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen, dass die Kapazitäten jetzt voll ausgelastet sind.“ Das wiederum lasse die Preise nun allmählich steigen. Die Inflation werde hierzulande in den kommenden Jahren höher sein als in den südlichen Euroländern, die ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und sich daher mit Preiserhöhungen zurückhalten müssten. Kater ist überzeugt: Das Preisniveau in Deutschland wird im Europavergleich nicht auf Dauer so niedrig sein.