Verdi: Weitere Streiks bei Amazon jederzeit möglich

Bad Hersfeld/Leipzig (dpa) - Nach dem Ende des mehrtägigen Streiks beim Versandhändler Amazon hat sich die Gewerkschaft Verdi zufrieden gezeigt und weitere Aktionen angedroht.

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Die Beschäftigten hätten gezeigt, dass sie sich nicht einschüchtern ließen, sagte Stefanie Nutzenberger vom Verdi-Bundesvorstand laut Mitteilung vom späten Samstagabend. Solange sich Amazon einem Tarifvertrag verweigere, könne es jederzeit zu neuen Streiks kommen. „Das betrifft ausdrücklich auch das Weihnachtsgeschäft.“

Losgegangen war es mit den Arbeitsniederlegungen in der Nacht auf den vergangenen Montag (27. Oktober) an fünf Amazon-Standorten Bad Hersfeld, Leipzig, Graben bei Augsburg sowie Werne und Rheinberg (beide NRW). Zum vorläufigen Abschluss legten am Samstag dann Beschäftigte in den Verteilzentren Bad Hersfeld und Leipzig bis zum Ende der Spätschicht die Arbeit nieder. Laut Verdi beteiligten am Samstag 200 Mitarbeiter am größten deutschen Standort Bad Hersfeld. In Leipzig seien es 150 Beschäftigte im Ausstand gewesen und damit ein Drittel der Schicht. Insgesamt habe die Zahl der Teilnehmer aufgrund der unterschiedlichen Feiertage in den einzelnen Bundesländern zum Wochenende hin etwas abgenommen.

Wann die Gewerkschaft in dem seit mehr als einem Jahr andauernden Tarifkonflikt zum nächsten Streik aufruft, ist noch unklar. „Amazon muss damit rechnen, dass sie keine ruhige Minute mehr haben“, sagte Thomas Schneider von der Gewerkschaft Verdi in Leipzig. Zu jeder Zeit und an jedem Ort könnte die Arbeit niedergelegt werden.

Bei der langwierigen Auseinandersetzung sieht Verdi erste Erfolge. „Wir verzeichnen stetig Terrain-Gewinne. Es gibt mittlerweile an allen deutschen Standorten Betriebsräte“, sagte Eva Völpel vom Verdi-Bundesvorstand. Zudem will die Gewerkschaft an allen größeren Standorten einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat durchsetzen.

„Ziel ist es, künftig auch über die Gremien gegen die Tarif-Blockade des Konzerns vorzugehen“, sagte Verdi-Onlinehandelsexperte Stefan Najda der „Wirtschaftswoche“. Verdi habe an den Amazon-Standorten Leipzig, Graben, Koblenz und Rheinberg sogenannte Statusverfahren eingeleitet, sagte Najda. Es werde gerichtlich überprüft, ob die jeweiligen Amazon-Tochterunternehmen mehr als 2000 Mitarbeiter beschäftigen und entsprechend Aufsichtsräte bilden müssen, bei denen die Beschäftigten die Hälfte der Mitglieder stellen.

Vorbild ist der Amazon-Standort in Bad Hersfeld. Dort wurden Ende August zwei Verdi-Vertreter in den Aufsichtsrat gewählt. Zuvor war das Kontrollgremium über ein Statusverfahren erweitert worden.

Verdi will Branchen-Primus Amazon zu Tarifverhandlungen zu den Bedingungen des Einzelhandels bewegen. Amazon sieht sich selbst aber als Logistikunternehmen und lehnt die Forderungen ab.