Umweltschutz Verpackungen: Wie Graspapier Supermärkte erobern soll

Rewe und Penny setzen erstmals auf alternatives Material für Verpackungen, das viele ökologische Vorteile birgt.

Foto: Creapaper

Düsseldorf. Fast 250 Kilogramm Papier verbrauchen die Deutschen nach Angaben des Bundesamtes Umwelt pro Kopf im Jahr. Die Bundesrepublik ist Spitzenreiter beim Verbrauch des Werkstoffs, dessen Herstellung auf der Grundlage von Holz aufwendig, kostenintensiv und energieverbrauchend zugleich ist. In großen Mengen wird Papier in der Verpackungsindustrie verarbeitet — schon lange beschäftigt sich die Branche mit der Suche nach umweltverträglichen Alternativen.

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So auch die Papierfabrik Creapaper aus Hennef im Rhein-Sieg-Kreis: Fünf Jahre tüftelten die Entwickler des Unternehmens an der Herstellung eines neuartigen Verpackungsmaterials, jetzt ist ihnen der Durchbruch zur Marktreife gelungen: Die Supermarkt-Ketten Rewe und Penny nutzen für ihre Verpackungen erstmals Papier, das statt Holz auf der Grundlage von Gras als wesentlichem Rohstoff hergestellt wurde. Besteht konventionell hergestelltes Papier zu 100 Prozent aus Holz, setzt sich das Graspapier nur zu 60 Prozent aus Holz und zu 40 Prozent aus sonnengetrocknetem Gras zusammen.

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Die Idee dazu hatte Uwe D’Agnone, Geschäftsführer bei Creapaper. „Wenn es um die Nachhaltigkeit unserer Produkte geht, steckte in mir schon immer ein Tüftler. Ich habe mir überlegt, wie man Papier noch ökologischer herstellen kann.“ Offenbar mit Erfolg. Anders als Bäume und andere hoch wachsende Pflanzen enthält Gras vergleichsweise wenig Lignin — ein natürliches Produkt der Pflanze, das in die Zellwand eingelagert wird und die Verholzung der Zelle bewirkt. Für die Herstellung von Papier muss das Lignin mit Hilfe chemischer Substanzen entfernt und die Pflanzenfasern durch starke Erhitzung aufgeschlossen werden. Beim Rohstoff Gras ist dieser Prozess hingegen rein mechanisch möglich — aggressive Chemikalien sind bei diesem Verfahren nicht erforderlich.

Die Ökobilanz des Graspapiers kann sich somit sehen lassen: Benötigte man für eine Tonne traditionell hergestelltes Papier bislang rund 8000 Liter Wasser, genügen für eine Tonne Graspapier schon zwei Liter.

Und es gibt noch mehr Vorteile: Während Holz für die Papierherstellung oft teuer importiert werden muss, ist das zu Heu getrocknete Gras relativ preiswert in der Region erhältlich, wird es von den Landwirten doch sonst nur zur Fütterung ihrer Tiere verwendet. Gras lässt sich außerdem ohne großen Aufwand auf kommunalen Ausgleichsflächen anbauen, die ansonsten ungenutzt bleiben würden. Ihre Bewirtschaftung erfordert deutlich weniger Wasser als Bäume.

In Zahlen benötigt man für die Herstellung von Graspapier nur ein Zehntel der Energie, die für die klassische Papierproduktion normalerweise aufgewendet wird. „Außerdem spart man bis 75 Prozent der CO²-Emmissionen“, berichtet D’Agnone weiter.

Für die Weiterentwicklung der Idee hat sich das Unternehmen wissenschaftliche Expertise mit ins Boot geholt: Martin Höller, Agraringenieur und Doktorand im Forschungsbereich Nachwachsende Rohstoffe an Uni Bonn, zerkleinerte das Heu in unterschiedlich große Partikel, um die optimale Fasergröße für die Papierproduktion zu finden. Mit 0,8 bis 1,2 Millimeter Größe lassen sich die Kleinstteilchen gut verarbeiten. „Für die Landwirte stellt das Heu eine zusätzliche Einnahmequelle dar“, erklärt Höller. „Für die Papierherstellung wird das Heu dann zu Pellets gepresst.“

Eine bessere Umweltverträglichkeit von Verpackungen ist für die Rewe-Group ein Schritt auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie, sagt deren Sprecher Marco Sandner: „Wir haben im letzten Jahr damit begonnen, die Plastiktüte auszulisten und damit Plastikabfall zu reduzieren. Mit den Verpackungen aus Graspapier gehen wir nun einen Schritt weiter.“ Auch andere Supermärkte haben unnötigem Verpackungsmüll den Kampf angesagt und geben Plastiktüten etwa nicht mehr kostenlos aus.

Die Kartons aus Papiergras werden nun flächendeckend in allen Penny- und in ausgewählten Rewe-Märkten zunächst als Verpackung von Bio-Äpfeln eingesetzt werden. „Wir werden erstmal testen, wie die neuen Verpackungen beim Verbraucher ankommen, um sie in Zukunft dann hoffentlich noch stärker einzusetzen“, sagt Sandner.