Vorstandsumbau bei Deutscher Bank besänftigt Aktionäre nicht
Frankfurt/Main (dpa) - Die Deutsche Bank will ihren umstrittenen Kurswechsel mit einem neu aufgestellten Vorstand vorantreiben.
„Auch wenn manche über Phantomschmerzen zu verfügen scheinen: Richtungsdiskussionen gehören der Vergangenheit an“, betonte Aufsichtsratschef Paul Achleitner bei der Hauptversammlung in Frankfurt.
Wenige Stunden vor Beginn des Aktionärstreffens hatte der Aufsichtsrat einen weitreichenden Umbau des Top-Managements beschlossen. Co-Chef Anshu Jain bekommt mehr Macht, das schrumpfende Privatkunden-Geschäft kommt in neue Hände.
Jain und der zweite Co-Chef Jürgen Fitschen räumten vor den Aktionären ein, dass ihre bisherige Amtszeit seit Juni 2012 keine reine Erfolgsgeschichte war. Die vergangenen drei Jahre seien aber „keine verlorene Zeit“ gewesen, bilanzierte Fitschen: „Wir fühlen uns auf einer besseren Basis als vor drei Jahren.“ Allerdings sei der Abbau von Altlasten teurer und dauere länger als gedacht. Zudem habe das Management die neuen Vorgaben der Aufseher weltweit unterschätzt.
„Wir sind noch nicht am Ziel, der Umbau geht weiter“, rief Fitschen den Aktionären zu. „Wir liefern Ihnen noch nicht die Renditen, die Sie erwarten und verdienen.“ Doch beide Co-Chefs bekräftigten: „Wir sind davon überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“
Die Aktionäre allerdings zeigten dem Führungsduo die gelbe Karte. Die Jain und Fitschen wurden lediglich mit jeweils 61 Prozent entlastet. Üblich sind mit mindestens 90 Prozent erheblich mehr. Der Vorgang hat allerdings keine direkten Folgen, da nur der Aufsichtsrat über eine Abberufung von Vorständen entscheiden kann.
Zuvor hatten zahlreiche Anlegerschützer und Aktionärsberater harsche Kritik am Kurs des Instituts und an der schleppenden Aufarbeitung der juristischen Altlasten geübt und eine Nicht-Entlastung der Konzernspitze empfohlen.
Nur wenige Stunden vor Beginn des Aktionärstreffens hatte der
Aufsichtsrat einen weitreichenden Umbau des Top-Managements
beschlossen. Jain bekommt dabei mehr Macht, während Fitschen
Zuständigkeiten verliert. Privatkunden-Chef Rainer Neske, der
vergeblich gegen die Trennung von der Postbank gekämpft hatte, wird
die Deutsche Bank nach 25 Jahren zum 30. Juni verlassen.
Ende April hatte die Konzernführung beschlossen, die Tochter Postbank abzustoßen. Darüber hinaus will die Deutsche Bank bis zu 200 eigene Filialen schließen. Einschnitte - wenn auch geringere als in anderen Bereichen - gibt es zudem im Kapitalmarktgeschäft.
Privatkunden-Chef Rainer Neske, der vergeblich gegen die Trennung von der Postbank gekämpft hatte, wird die Deutsche Bank nach 25 Jahren zum 30. Juni verlassen. Der zweite Mann in der Privatkunden-Sparte, Christian Ricken, verliert seinen Posten im erweiterten Vorstand. Neuer Privatkunden-Chef wird überraschend Christian Sewing, der seit Jahresbeginn für die juristischen Altlasten zuständig ist.
Der vor allem in Deutschland umstrittene Jain übernimmt die Verantwortung für Strategie und Organisationsentwicklung. Fitschen, der durch den laufenden Kirch-Prozess in München belastet ist, bekommt keine neuen Aufgabengebiete, sondern gibt die Zuständigkeit für die unternehmensinterne „Bad Bank“ ab.
Die Abwicklungssparte wiederum übernimmt der bisher für die Strategie zuständige Finanzvorstand Stefan Krause. Er ist künftig zudem zuständig für große internationale Zahlungsverkehrs- und Finanzierungsdienstleistungen.
Das Finanzressort gibt Krause - wie bereits bekannt - nach der Hauptversammlung an den früheren Eon-Manager Marcus Schenck ab, den der deutsche Branchenprimus vom Rivalen Goldman Sachs abgeworben hatte. Gehen muss mit Alan Cloete ein enger Jain-Vertrauter.
„Keine Frage: Das öffentliche Bild der Deutschen Bank ist derzeit stark angeschlagen und beschädigt“, sagte Achleitner. „Niemand kann mit dem äußeren Erscheinungsbild sowie mit der Entwicklung des Aktienkurses zufrieden sein.“ Rechtsfälle und schärfere Regeln der Aufseher überschatteten erste Erfolge. Es sei jedoch klar, dass die Branche im Allgemeinen und die Deutsche Bank im Besonderen „diese unrühmliche Vergangenheit konsequent aufzuarbeiten“ habe.
„Wir Aktionäre zahlen jetzt die Zeche für die Casino-Spielchen unserer Investmentbanker aus der Vergangenheit“, kritisierte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die DSW will - notfalls vor Gericht - die Einsetzung eines unabhängigen Sonderprüfers zum Thema Altlasten durchsetzen.
„Der Vorstand hat viel Zeit und Glaubwürdigkeit verloren“, urteilte Hans-Christoph Hirt, Manager beim Londoner Aktionärsberater Hermes. Hermes fordert einen noch weitergehenden Umbau des Top-Managements.