Weiterbau der Röhre geplant Vorwürfe gegen Bahn nach Tunneleinbruch
Rastatt (dpa) - Nach dem Einbruch eines Tunnels im baden-württembergischen Rastatt steht die Deutsche Bahn in der Kritik.
Eberhard Hohnecker, Professor für Eisenbahnwesen am Karlsruher Institut für Technologie, vermutete im Gespräch mit der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Donnerstag), dass aus Kostengründen auf notwendige massive Stahlträger beim Tunnelbau verzichtet worden sei. Der Grünen-Bahnexperte Matthias Gastel fürchtet wegen der langen Sperrung der Rheintalbahn einen dauerhaften Schaden für den Bahnverkehr. Fahrgäste weichen auf Alternativen wie Fernbusse oder Mitfahrgelegenheiten aus.
Die Bahn wies Hohneckers Kritik entschieden zurück. „Für uns zählen nur Fakten und keine blanken Vermutungen“, sagte eine Bahnsprecherin. „Vermutungen dass keine Stahlträger im Tunnel verbaut sind, entbehren allein schon deshalb jeder Grundlage, da das weltweit anerkannte Verfahren durch Tunnelvortrieb in Tübbingbauweise keinen Einbau von Stahlträgern im Tunnel vorsieht.“ Sachverständige und Gutachter würden das Ereignis gründlich aufarbeiten.
Die Strecke, auf der täglich bis zu 200 Güterzüge sowie Fern- und Nahverkehr fahren, soll erst am 7. Oktober wieder eröffnet werden. Am 12. August waren Wasser und Erdreich in eine der beiden Tunnelröhren eingedrungen, die beiden Schienenstränge darüber sackten ab. Die Strecke wurde sofort gesperrt.
Die Bahn teilte am Mittwoch mit, dass die Verfüllung des Tunnels im Schadensbereich mit 10 500 Kubikmetern Beton bis Freitag abgeschlossen sein soll. Danach werde das alte Gleisbett abgetragen und eine rund 120 Meter lange und einen Meter dicke Platte betoniert, die rund drei Wochen aushärten müsse. Dann könnten neue Gleise, Schwellen und Schotter eingebaut werden.
Der Bahnvorstand für Großprojekte, Dirk Rompf, kündigte an, dass der Tunnel fertiggestellt werden soll. Wann und mit welchem technischen Verfahren, werde geprüft. „Wir gehen fest davon aus, dass die Tunnelbauarbeiten weitergeführt werden“, sagte Rompf. Zu dem Schaden sagte er: „Hier ist das nicht Vorstellbare eingetreten.“
Zuvor hatte sich Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) auf der Baustelle über die Situation informieren lassen. Er könne die Maßnahmen und Entscheidungen der Deutschen Bahn nach dem Schaden vom 12. August nachvollziehen, sagte Hermann. Eine Konsequenz müsse jetzt der Ausbau des Schienennetzes sein, damit Ausweichstrecken zur Verfügung stehen. Die künftige Bundesregierung müsse schnellstmöglich ein Konzept zur Sanierung, Modernisierung und Ausweitung des Schienennetzes in Deutschland vorlegen. „Es rächt sich, dass man über Jahrzehnte das Schienennetz ausgedünnt hat.“
Grünen-Bahnexperte Gastel kritisierte, dass es zu wenige Ausweichmöglichkeiten gebe und sich der Bahnverkehr dadurch bei Störungen als zu unzuverlässig erweise. Vorschläge wie den Ausbau und die Elektrifizierung der Hochrheinbahn und der Bodenseegürtelbahn gebe es genug. Gastel warf Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) vor, die Projekte zu blockieren.
Die Fahrgäste suchen sich offenbar Alternativen. Der Fernbusanbieter Flixbus hat seit Anfang der Streckensperrung im Vergleich zum Vormonat ein Plus von rund 20 Prozent an Fahrgästen verzeichnet. Derzeit seien aber keine zusätzlichen Busse nötig, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Die Preise habe man nicht erhöht.
Auch private Mitfahrgelegenheiten werden nun häufiger genutzt. Im Vergleich zur Woche vor dem Tunneleinbruch hat die französische Mitfahrzentrale Blablacar teils deutliche Zuwächse bei Angebot und Nachfrage registriert. Zwischen dem 12. und 18. August gab es beispielsweise auf der Strecke Basel-Mannheim eine doppelt so hohe Auslastung der angebotenen Mitfahrgelegenheiten, wie eine Sprecherin mitteilte.
Mit dem Ende der Sommerferien in Baden-Württemberg soll der Busersatzverkehr zwischen Rastatt und Baden-Baden noch einmal ausgeweitet werden, kündigte Bahn-Manager Sven Hantel an. „Wir stehen vor großen Herausforderungen nach Ferienende.“