VW-Absatz verliert Schwung
Wolfsburg (dpa) - Knapp zwei Monate nach dem Ausbruch der Abgasaffäre meldet VW weitere Absatzrückgänge - die Mitarbeiter sollen aber von Einschnitten verschont bleiben.
Im Oktober verkaufte der Konzern mit 490 000 Autos weltweit 5,3 Prozent weniger Wagen seiner Kernmarke VW als ein Jahr zuvor, hieß es am Freitag aus Wolfsburg. „Die Marke Volkswagen Pkw erlebt aktuell herausfordernde Zeiten“, meinte Vertriebschef Jürgen Stackmann. Neben dem Diesel-Debakel zählte er dazu die insgesamt angespannte Lage auf dem Weltmarkt. Ein Jobabbau droht den Stammbeschäftigten laut Markenchef Herbert Diess nicht.
Im wichtigsten Automarkt China legte Europas größter Hersteller weiter zu und lieferte 1,8 Prozent mehr aus. Auch in Deutschland gab es mit 1,9 Prozent ein Plus. Seit Jahresbeginn wurden 4,84 Millionen VW-Wagen ausgeliefert - rund 4,7 Prozent weniger als 2014. Bei allen Konzernmarken betrug das Minus 1,7 Prozent auf knapp 8,26 Millionen. Weil zwischen Bestellung und Auslieferung vieler Autos in Deutschland meist mehrere Wochen oder sogar Monate liegen, könnte sich die Abgasaffäre aber später stärker in den Zahlen niederschlagen.
Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer vertritt die Ansicht, die Reaktionen auf das Diesel-Debakel würden allmählich erkennbar. „Die Marktreaktionen kommen jetzt“, sagte er. In den USA müsse man das leichte Verkaufsplus von 0,2 Prozent auch vor dem Hintergrund hoher Rabatte etwa für Modelle wie den Passat sehen.
Trotz der immensen Kosten für den Abgas-Skandal will VW in der Kernbeschäftigung auf Stellenkürzungen verzichten. „Ich sehe keine Bedrohung für die Stammbelegschaft“, sagte Diess der Deutschen Presse-Agentur in einem Doppelinterview mit Betriebsratschef Bernd Osterloh. Bei den Bonuszahlungen werde es aber Einbußen geben.
Diess betonte zudem, es gebe derzeit keine Hinweise darauf, dass es neben den Abgas-Manipulationen und geschönten CO2-Angaben weitere Verfehlungen gebe. Osterloh warnte davor, die gesamte VW-Belegschaft unter Generalverdacht zu stellen. Auf Einschnitte bei der Beteiligung am Gewinn müssten sich die Mitarbeiter aber gefasst machen. Doch auch Diess kündigte an, dass der Vorstand mit Einbußen rechnen müsse.
Mit Blick auf die Zeitarbeiter - von ihnen gibt es bei der Volkswagen AG in Deutschland nach dpa-Informationen gut 7000 - wollte Diess noch keine Einschätzungen geben. „Bei der Übernahme von Leiharbeitern müssen wir sicher vorsichtig sein in der jetzigen Zeit“, sagte er.
Zum forcierten Sparprogramm, mit dem sich der Konzern gegen die milliardenschweren Folgen des Skandals stemmt, meinte Diess: „Wir waren in einigen Investitionsprogrammen schon etwas großzügig unterwegs. Da haben wir eingegriffen. (...) Wir werden uns sicher nicht um die Zukunft sparen.“ So gelte es beispielsweise, 2019 oder 2020 eher noch mehr Elektrofahrzeuge ins Programm aufzunehmen.
In einem ersten Schritt hat der Konzern 6,7 Milliarden Euro zur Bewältigung des Skandals zurückgelegt und weitere zwei Milliarden Euro für die CO2-Affäre veranschlagt. Diess sieht noch mehr auf VW zukommen, es gebe Risiken: „Etwa durch mögliche Strafzahlungen. Es ist momentan sehr schwer, das genauer abzuschätzen.“
Unterdessen wurde bekannt, dass auch einige ältere Autos von VW, die bereits die schärfere Euro-6-Abgasnorm erfüllten, bald wohl in die Werkstatt müssen. Nach Informationen der „Heilbronner Stimme“ (Samstag) geht es dabei um den schon bekannten Motor EA 189, der im Zentrum des Skandals um geschönte Stickoxid-Emissionen steht.
Ein Konzernsprecher sagte am Freitagabend auf dpa-Anfrage, es handle sich nur um eine geringe Stückzahl von Modellen, die ab dem Jahr 2009 verkauft worden seien und die man im Laufe interner Untersuchungen zu verschiedenen Kombinationen von Motoren und Modellen identifiziert habe. Die Software, die die Abgasreinigung im Testbetrieb künstlich verstärkt, war nach bisherigen VW-Angaben nur in Motoren der älteren Euro-5-Norm eingesetzt. Dem Zeitungsbericht zufolge benötigen nun auch einige Euro-6-Wagen ein Update des Programms. VW erklärte, es handle sich hierbei aber um eine sehr geringe Zahl, in denen das System seinerzeit als eine Art Sonderausstattung angeboten wurde.
Am Sonntag (15. November) läuft die Frist aus, bis zu deren Ende VW dem KBA einen Lösungsvorschlag für die manipulierte Software bei den mittelgroßen 1,6-Liter-Dieseln vorlegen muss. Nach Informationen von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR stellt der Konzern das Ergebnis der Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums am Montag vor.
Dabei seien Testfahrten geplant. Bei diesem Antrieb soll es mit einem Austausch der Software nicht getan sein, auch Hardware am Motor wird verändert. Bei der großen 2,0-Liter-Variante des EA 189 soll ein Update reichen. Eine Lösung für die kleine Ausgabe mit 1,2 Litern Hubraum ist in Arbeit, hier läuft die KBA-Frist am 30. November aus.