VW-Belegschaft in Asien wächst um 134 Prozent
Wolfsburg (dpa) - Europas größter Autobauer Volkswagen hat seine Belegschaft in Asien in den vergangenen vier Jahren um 134 Prozent vergrößert. Dort schnellte die Mitarbeiterzahl zwischen Ende 2008 und Ende 2012 von knapp 30 000 auf fast 70 000 Beschäftigte.
Damit wuchs der Asienanteil an der Personalstärke des Dax-Konzerns von 8 auf 13 Prozent. Das geht aus einer Auswertung der Geschäftsberichte hervor.
Auf dem Heimatkontinent war das Wachstum der vergangenen vier Jahre mit 44 Prozent weitaus schwächer - und es müsste auch noch um den jüngsten Markenzuwachs wie etwa Porsche bereinigt werden.
Mit aktuell etwa 410 000 Mitarbeitern von den weltweit 550 000 stellt Europa zwar noch immer den Löwenanteil der Belegschaft. Doch der Anteil an der Fahrzeugproduktion des VW-Konzerns verliert an Gewicht: Er sackte binnen der vier zurückliegenden Jahre von 62 auf 51 Prozent. Das Heimatland Deutschland halbierte seine Bedeutung beim Fahrzeugausstoß sogar: Nach gut einem Drittel (34 Prozent) waren es Ende 2012 nur 17 Prozent Anteil an der Konzerngesamtproduktion. In Asien schoss der Anteil an der Produktion von 16 auf 29 Prozent.
Dasselbe Bild zeigt sich in der Bilanz der Auslieferungen von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen: Ging 2008 noch nicht einmal jedes fünfte Fahrzeug (19 Prozent) an Kunden in der Region Asien/Pazifik, so war es 2012 schon mehr als jedes dritte (35 Prozent). In China allein, dem mit Abstand wichtigsten VW-Einzelmarkt, gab es 2012 mehr als 2,8 Millionen Auslieferungen. Weltweit kamen 9,1 Millionen zusammen.
Bei den Standorten, an denen komplette Autos vom Band rollen, ist das Tempo auf der anderen Seite der Erde ein ganz anderes. 2008 zählte der Konzern fünf Fahrzeugproduktionsstandorte in Asien. Ende 2012 waren es mit 9 fast doppelt so viel. In Europa wurden aus 28 binnen vier Jahren 37 Standorte, wobei auch dort - wie bei der Belegschaft - der Markenzuwachs etwa bei Porsche und Ducati für eine Vergleichbarkeit des organischen Wachstums abgezogen werden müsste. Und der Trend läuft unaufhaltsam weiter: Sieben seiner derzeit zehn weltweit geplanten Werke wird VW in China aus dem Boden stampfen.
VW-Chef Martin Winterkorn machte die Internationalisierung bei der Bilanzvorlage Mitte März zu einem Kern seiner Rede: „Die Zukunft von Volkswagen entscheidet sich mehr und mehr in China, Russland, Indien, Amerika und Südostasien“, betonte der Konzernboss. VW sei „ein gutes Stück chinesischer, amerikanischer, russischer und brasilianischer geworden. Dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen.“ Die Manager arbeiteten heutzutage doppelt so oft wie 2007 im Ausland.
Vor kurzem versprach Winterkorn, trotz des massiven Ausbaus in China seine Mitarbeiter daheim zu halten. „Wir stehen zu Deutschland und Europa“, sagte er vor wenigen Tagen der dpa in München. „Es ist unsere Management-Aufgabe, die Beschäftigung dort zu halten.“
Dass das aber eine Herausforderung ist für die gesamte Branche im von Absatzkrisen geschüttelten Europa, davon ist Auto-Experte Prof. Stefan Bratzel überzeugt. „Wir haben schon eine relative Verschiebung der Gewichte - nicht nur markt- und produktionsmäßig, sondern eben auch bei der Beschäftigung. Das ist ja Fakt“, sagte Bratzel.
„Die Frage ist, ob die Automobilbeschäftigung in Deutschland auf diesem Level gehalten werden kann“, gibt er zu bedenken. Schließlich sei für den Heimatkontinent absehbar kein Wachstum in Sicht. „Die absolute Zahl der Beschäftigten in der Automobilindustrie wird in Europa längerfristig zurückgehen.“ Er rechne für die nächsten 10 bis 15 Jahre mit einem langsamen Abschmelzen der Stellen vor allem bei den niedrigqualifizierten Produktionskräften. Es sei schon viel gewonnen, wenn die Zahl der Fachkräfte konstant gehalten werde.
Wie unumkehrbar der Trend zu sein scheint, veranschaulicht eine Statistik der Weltbank: Auf 1000 Einwohner in Deutschland kamen im Jahr 2010 rechnerisch 517 Autos. In China waren es nur 44.