VW steckt weiter im Krisenmodus fest

Wolfsburg (dpa) - Volkswagen droht wegen der Abgas-Manipulationen bei Diesel-Fahrzeugen zusätzlicher juristischer Ärger in Deutschland und Frankreich.

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Ein Privatanleger aus Baden-Württemberg hat beim Landgericht Braunschweig eine Schadenersatz-Klage eingereicht, sagte ein Gerichtssprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Der Anleger hatte im April und Juli VW-Vorzugsaktien gekauft und möchte, dass diese Transaktion nun rückabgewickelt wird, teilte seine Tübinger Anwaltskanzlei mit.

Die französische Justiz leitete im VW-Abgas-Skandal Vorermittlungen wegen schweren Betrugs ein. Diese richteten sich gegen den deutschen Autobauer, sagte eine Sprecherin der Pariser Staatsanwaltschaft am Freitag. Die Behörden wollen dazu auch Kontakt zu ihren deutschen Kollegen aufnehmen - die Braunschweiger Staatsanwaltschaft führt bereits Ermittlungen wegen der Affäre.

In Frankreich sind rund 950 000 Autos von den Manipulationen mit der Abgas-Software betroffen. Die Regierung kündigte als Reaktion Stichproben der Abgaswerte von 100 Fahrzeugen an und erwägt auch, Fördergelder für umweltfreundliche Autos von VW zurückzufordern.

Der deutsche Privatanleger macht in seiner Klage einen sogenannten Kursdifferenzschaden von rund 60 Euro pro Aktie geltend. Laut seiner Anwälte verlor er insgesamt rund 20 000 Euro. Nach dem Bekanntwerden der Abgas-Manipulationen hatte das VW-Papier an der Börse massiv an Wert verloren.

Die Anwälte des Klägers argumentieren, dass sich VW wegen einer Reihe von unterlassenen sowie unvollständigen Kapitalmarkt-Informationen gegenüber seinen Aktionären schadenersatzpflichtig gemacht habe. Volkswagen wollte den Fall nicht kommentieren. Der Vorgang sei ihm nicht bekannt, sagte ein Sprecher. Die Klage wurde den Angaben des Gerichts zufolge noch nicht an den Konzern zugestellt.

Die Tübinger Kanzlei beantragte nach eigener Darstellung zudem ein Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). Solche Verfahren bündeln Klagen einzelner Anleger. In den USA bereiten Kanzleien bereits Sammelklagen enttäuschter VW-Kunden vor, dem Konzern drohen zudem Milliardenstrafen der Behörden.

Der Abgas-Skandal wird nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch den VW-Aufsichtsrat erneut beschäftigen. Am kommenden Mittwoch (7. Oktober) wird das 20-köpfige Kontrollgremium abermals zu einer Krisensitzung in Wolfsburg zusammenkommen. Einen Tag zuvor soll es am Dienstag auf dem Werksgelände zudem eine Betriebsversammlung für die VW-Mitarbeiter geben.

Am Donnerstag muss dann der US-Chef von Volkswagen, Michael Horn, vor dem amerikanischen Kongress in Washington Rede und Antwort zum Abgas-Skandal stehen. An der Befragung werden auch Vertreter der US-Umweltbehörde EPA teilnehmen, die den Fall ins Rollen brachte.

„Es gibt ernsthafte Probleme durch Berichte, dass Volkswagen durch den Einsatz sogenannter Defeat Devices (Manipulationssoftware) in einigen Dieselfahrzeugen Jahrzehnte alte Vorschriften zum Schutz der Gesundheit umgeht“, sagte der Republikaner Tim Murphy, der die Sitzung leiten wird. Das amerikanische Volk wolle nun wissen, warum es diese Geräte gebe, wie die Entscheidung getroffen wurde und warum sie so lange unentdeckt geblieben seien.

Im weltweit zweitgrößten VW-Werk im mexikanischen Puebla wurden unterdessen die ursprünglich für Samstag geplanten Sonderschichten gestrichen. Von Montag bis Freitag werde normal weitergearbeitet, teilte Volkswagen Mexiko auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. In Puebla werden mehr als 500 000 Fahrzeuge pro Jahr gefertigt. Ein Großteil der Autos ist für den Export in die USA bestimmt.

Vor zwei Wochen war herausgekommen, dass Volkswagen in den USA mit einem Computerprogramm die Abgaswerte bei Dieselwagen manipuliert hatte. Weltweit sind nach Konzernangaben rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen, davon rund 2,8 Millionen auch in Deutschland. Bereits am 3. September soll Volkswagen gegenüber der EPA die Manipulationen eingeräumt haben.

Der VW-Aktie findet indes weiter kaum Halt. Am Freitagvormittag rutschten die Vorzugspapiere an der Frankfurter Börse zunächst auf 92,75 Euro ab - so tief wie seit Oktober 2011 nicht mehr. Seit dem Bekanntwerden des Abgas-Skandals brachen sie um rund 43 Prozent ein.