Abgasskandal VW vor milliardenschwerer Einigung mit US-Behörden
Wolfsburg/Washington (dpa) - Volkswagen muss im Abgasskandal in den USA weitere Milliarden auf den Tisch legen. In Verhandlungen mit dem US-Justizministerium sieht ein Vergleichsentwurf Strafzahlungen in Höhe von rund 4,3 Milliarden Dollar vor, wie VW mitteilte.
Volkswagen befinde sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit dem US-Justizministerium sowie der US-amerikanischen Zollbehörde.
Ziel der Gespräche sei es, Vergleichsvereinbarungen über die Beilegung „bestimmter strafrechtlicher Untersuchungen“ und „bestimmter zivilrechtlicher Bußgeldverfahren“ abzuschließen, teilte das Unternehmen mit. Parallel bringen brisante Zeugenaussagen im Zuge einer Strafanzeige die Konzernspitze unter Druck.
VW hat zur Bewältigung des Abgasskandals bereits rund 18 Milliarden Euro zurückgestellt. Diese Summe wird nun laut VW voraussichtlich nicht reichen, weil bereits eine Milliardensumme für einen zivilrechtlichen Vergleich eingeplant ist. Wie hoch die Belastung für das Jahresergebnis 2016 ist, lasse sich noch nicht sagen.
Der Autobauer habe einen konkreten Vergleichsentwurf mit den US-Behörden ausgehandelt, hieß es. Dieser sehe Bußgeld- und Strafzahlungen in einer Gesamthöhe von rund 4,3 Milliarden Dollar (rund 4,1 Mrd Euro) vor. Teil dieses Vergleichsentwurfs sei auch ein Schuldanerkenntnis in Bezug auf bestimmte US-Strafvorschriften.
Der Autobauer hatte im September 2015 eingeräumt, Abgastests bei Dieselautos manipuliert zu haben. Der Ursprung des Skandals liegt in den USA. Dort sind mehr als 550 000 Fahrzeuge betroffen, weltweit rund elf Millionen. Das stürzte den Konzern in eine schwere Krise, als Folge leitete VW einen grundlegenden Konzernumbau ein.
Die zuständigen VW-Gremien würden sich nun „kurzfristig“ mit dem Vergleich befassen, möglicherweise noch heute beziehungsweise am Mittwoch, teilte VW mit. Doch selbst wenn VW-Management und -Aufsichtsrat grünes Licht geben, liegt die finale Entscheidung bei der US-Justiz. Das Justizministerium in Washington war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
VW hatte in den USA bereits einen zivilrechtlichen Vergleich mit Klägern und Behörden erzielt. Der sah unter anderem Rückkäufe von Autos, Entschädigungen und Reparaturen vor. VW kann dieser Vergleich mehr als 16 Milliarden Dollar kosten.
Bereits am Montag war neuer Ärger für VW in der Dieselaffäre bekanntgeworden. Die Bundespolizei FBI wirft der VW-Konzernspitze Vertuschungen in dem Skandal vor, wie aus einer von der Bundesanwaltschaft in Detroit veröffentlichten Strafanzeige gegen einen leitenden Angestellten des Konzerns hervorging.
Noch wenige Monate vor dem Auffliegen der Affäre im Herbst 2015 hätten Manager von Volkswagen bei Mitarbeitern die Verheimlichung der Abgas-Manipulationen abgesegnet, heißt es in dem Gerichtsdokument. Der leitende Angestellte, der bis 2015 mit Umweltfragen in den USA betraut gewesen sein soll, war am vergangenen Samstag in Miami festgenommen worden. Dem Mann wird eine Beteiligung am massenhaften Abgasbetrug und Irreführung der US-Behörden vorgeworfen, er soll am Donnerstag in Detroit vor Gericht erscheinen. Ein Richter in Miami ordnete an, dass er bis dahin in Gewahrsam bleibt.
Der VW-Angestellte gehörte laut Strafanzeige zu einer Gruppe von Mitarbeitern, die das Management bei einem Treffen am 27. Juli 2015 über die Risiken des Betrugs informierten. Statt die Aufklärung des Falls gegenüber den bereits unter Hochdruck gegen VW ermittelnden US-Behörden anzuordnen, habe die Konzernführung autorisiert, die Tricksereien weiter unter den Teppich zu kehren. Ähnliche Verdächtigungen hatte es schon zuvor gegeben, doch nun werden sie durch Zeugenaussagen von VW-Insidern untermauert. Ein Sprecher des Konzerns wollte sich nicht zu den neuen Anschuldigungen äußern.