VW zeigt Ende April Zahlen und empfängt Ende Juni Aktionäre
Wolfsburg (dpa) - Europas größter Autobauer Volkswagen empfängt seine Aktionäre erstmals nach dem Ausbruch des Diesel-Skandals am 22. Juni zur Hauptversammlung. Das teilte der Konzern heute mit. Wie in den Vorjahren lädt VW zu dem Treffen der Anteilseigner nach Hannover.
Das Unternehmen hatte seine Hauptversammlung Anfang Februar ebenso verschoben wie die Vorlage der Jahresergebnisse. Auslöser waren die offenen Fragen in der Abgas-Affäre. So ist zum Beispiel unklar, ob und wie der VW-Konzern die betroffenen Dieselwagen in den USA zurückrufen kann. Möglicherweise drohen dort auch Rückkäufe.
Nun steht aber auch der neue Termin für die Bilanzvorlage: 28. April, der Ort ist Wolfsburg. Ursprünglich hätten die Zahlen nächste Woche in Berlin erläutert und das Aktionärstreffen Ende April stattfinden sollen. Für die Jahresbilanz gilt eine Zeitgrenze bis spätestens Ende April. Für die Hauptversammlung ist der zeitliche Spielraum größer.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird bei VW intern damit gerechnet, dass die Hauptversammlung noch am Folgetag 23. Juni weiterläuft. Das müsste laut Aktiengesetz und einer Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf in der Einladung entsprechend notiert werden. Ansonsten droht nach Mitternacht ein Scheitern der Veranstaltung. Üblicherweise genügt VW ein Tag für seine Aktionärsversammlungen.
Die Hauptversammlung birgt gleich mehrfach Sprengstoff. Zum ersten Mal seit dem Beginn des Diesel-Debakels im vorigen September werden sich Aktionärsschützer mit dem Konzern auf großer öffentlicher Bühne auseinandersetzen. Der Aufsichtsrat wird Rechenschaft ablegen über Lehren aus der Krise - und sein neuer Chef Hans Dieter Pötsch, bisher per Gericht bestellt, soll regulär gewählt werden.
Auch die Entlastung des Vorstands steht dann an. Über die Schuldfrage beim Abgas-Skandal will VW schon bis Ende April informiert haben, die Ermittler der Kanzlei Jones Day legen einen Zwischenbericht über die beteiligten Ebenen und Wege vor. Dies wird ebenfalls noch ein Thema bei der Hauptversammlung sein. Ursprünglich war das Treffen der Anteilseigner für den 21. April geplant.
Deutschlands größter Konzern hat Stammaktien, an denen Stimmrechte und damit die Macht hängen. Davon entfallen gut 50 Prozent auf die Muttergesellschaft Porsche SE. In dieser Holding steuern die Familien Porsche und Piëch ihre Beteiligung an Volkswagen, dessen Keimzelle mit dem VW-Käfer auf die Porsches zurückgeht. Zudem hält das Land Niedersachsen mit 20 Prozent der Stämme eine Blockadeposition in der Aktionärskonstellation. Das Scheichtum Katar besitzt 17 Prozent.
Außerdem gibt es stimmrechtslose Vorzugsaktien, die bei der Dividende bevorzugt werden. Diese Papiere haben seit dem Ausbruch der Krise Ende September teils 40 Prozent verloren, aktuell sind es rund 30 Prozent. Auch über die Dividende, die angesichts der Milliardenkosten für die Affäre leiden dürfte, soll die Hauptversammlung abstimmen.
Im Vorjahr hatten die Aktionäre 4,80 Euro je Stammaktie und 4,86 Euro je stimmrechtsloser Vorzugsaktie beschlossen. Das Land Niedersachsen als Großaktionär strich damit gut 283 Millionen Euro Dividende ein.
Niedersachsens Regierungschef und VW-Aufseher Stephan Weil (SPD) sagte der dpa, er sehe die Verschiebung von Hauptversammlung und Bilanzvorlage als Qualitätsgaranten. Ähnlich hatte auch der Konzern das Vorgehen begründet. „Diese prinzipielle Logik - je mehr Klarheit wir im Jahresabschluss haben, desto besser ist es für alle - ist von den Kapitalanlegern honoriert worden“, sagte Weil und verwies auf einen Anstieg der VW-Vorzugsaktie nach der Bekanntgabe der Verschiebung. „Jetzt ist es so, dass man für viele Stellen des Jahresabschlusses mehr Zeit hat, um mehr Qualität liefern zu können.“
Die Entlastung des Vorstandes sieht Weil unabhängig davon. „Bezogen auf den Jahresabschluss hätte es noch größere Unsicherheiten gegeben. Wir hoffen, dass wir der Hauptversammlung jetzt einen präziseren Bericht präsentieren können“, sagte er.
Ungewissheiten ließen sich aber trotz des Zeitgewinns nicht ganz vermeiden. „Es wird auch dann - und das ist völlig normal für Hauptversammlungen - Einschätzungen geben müssen. Aber mehr Zeit bringt mehr Klarheit.“