VW zieht mit Streichplänen Groll auf sich

Hannover/Wolfsburg (dpa) - Der Autobauer Volkswagen hat mit seinem geplanten Abbau von gut 3000 Bürojobs bei der Pkw-Kernmarke nun auch den Großeigner Niedersachsen gegen sich aufgebracht. Zwischen dem Land, das im Aufsichtsrat des Konzerns ein Blockaderecht besitzt, und VW sorgt der Stellen-Streichplan für eine schwere Verstimmung.

Foto: dpa

Am Donnerstag hatte die Deutsche Presse-Agentur berichtet, dass VW bis Ende 2017 im Kreis seines Haustarifes bei den Büro-Mitarbeitern außerhalb der Produktion jeden zehnten Job abbauen will. Wegen der noch laufenden Beschäftigungssicherung muss jedoch niemand fürchten, arbeitslos zu werden. Die geplanten Einschnitte sollen über Personalschwankungen, Altersteilzeit oder neue Aufgaben laufen.

Der Konzern hatte Sparpläne beim Personal bestätigt, aber keine Details nennen wollen. VW stehe weiter zur Stammbelegschaft, betonte ein Sprecher und verwies auf die Beschäftigungssicherung, die auch Markenchef Herbert Diess wiederholt hervorgehoben hatte.

Niedersachsens Landesregierung ist sauer wegen der Kommunikation des Themas. „Hier werden Zahlen in die Welt gesetzt, über die die Landesregierung und die Gremien nicht informiert waren - und auch noch immer nicht sind“, sagte ein Sprecher von Wirtschaftsminister und VW-Aufsichtsrat Olaf Lies am Freitag. „Seine Verärgerung über die Art und Weise der Kommunikation hat er deutlich gemacht. Es wird in den nächsten Gremiensitzungen dazu auch intensiv nachgefragt werden.“

Lies war am Vorabend von der Opposition im niedersächsischen Landtag scharf attackiert worden, weil dem SPD-Politiker der geplante Abbau tausender VW-Stellen nicht bekannt war. Regierungschef Stephan Weil (SPD) äußerte sich ähnlich: „Der Landesregierung liegen keinerlei Pläne in dieser Hinsicht bei VW vor.“ Maßgeblich für Reaktionen des Landes müssten offizielle Konzerndarstellungen sein, nicht Berichte.

Kritik erntete VW auch aus der niedersächsischen SPD. „Die Pläne von Herrn Diess sind aus der neoliberalen Mottenkiste“, sagte Gerd Will, Wirtschaftsexperte der SPD-Landtagsfraktion. Jobabbau sei kein geeignetes Mittel, um die Produktivität des Unternehmens zu erhöhen.

Nach dpa-Informationen geht es um mindestens 3400 Jobs. Betroffen sein könnten vor allem die Verwaltungen in Wolfsburg und Hannover, aber auch die Finanztochter in Braunschweig. Der Sparplan zu jeder zehnten Bürostelle wurde demnach am Dienstag im internen Teil einer VW-Betriebsversammlung thematisiert. Laut der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ stehen sogar 4000 Stellen auf dem Spiel.

Auch der VW-Betriebsrat, der im Aufsichtsrat eine Blockadeposition besitzt, ist in Alarmbereitschaft. „Wir werden es nicht zulassen, dass blindwütig und planlos Stellen gestrichen werden“, hatte Betriebsratschef Bernd Osterloh am Dienstag in der Versammlung gesagt. Zudem wurde bekannt, dass VW überlegt, bei seinem Sparkurs in der Abgas-Affäre den Bandarbeitern die Arbeits-T-Shirts zu streichen.

Der kurze Aufwärtstrend bei den VW-Verkäufen flaut derzeit wieder ab. Die Pkw-Marke um Golf und Passat lieferte im Februar weltweit 394 400 Fahrzeuge aus - 4,7 Prozent weniger als im Februar des Vorjahres. Im Januar hatten die Verkäufe im Jahresvergleich noch um 2,8 Prozent zugelegt, nun stehen sie im Jahresverlauf bei minus 0,5 Prozent. Ein Auslöser war die Februar-Absatzschwäche auf dem wichtigsten VW-Markt China, wo diesmal das Neujahrsfest weniger Verkäufe brachte.

Positive Nachrichten gab es am Freitag von der Tochter Porsche. Die Stuttgarter blieben auch im vergangenen Jahr eine Gewinnmaschine bei Volkswagen. Umsatz und operatives Ergebnis wuchsen je um ein Viertel. Unterm Strich stieg der Gewinn um sechs Prozent auf gut 2,3 Milliarden Euro - Geld, das der VW-Konzern angesichts drohender Strafzahlungen und vieler Klagen im Abgas-Skandal gut brauchen kann.

Von der Lkw-Tochter MAN kommt dagegen vorerst weniger finanzielle Hilfe. Der Konjunktureinbruch in Brasilien und eigene Umbau ließen das operative Ergebnis 2015 um über drei Viertel absacken. Unterm Strich fiel der Gewinn fast um die Hälfte auf 140 Millionen Euro.

Zudem wurden weitere Details zum Software-Betrug bekannt, der hinter der Krise um weltweit elf Millionen manipulierte Dieselautos steht. Wie NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ berichteten, wurde das illegale Programm Ende 2014 in den USA noch einmal um eine neue Funktion erweitert, obwohl die US-Behörden Volkswagen wegen deutlich erhöhter Abgaswerte schon im Visier hatten. Den Informationen zufolge spielte VW bei einem Rückruf der betroffenen Dieselwagen 2014/2015 eine Erkennungsfunktion für den Winkel des Lenkrades auf.

Bewegt sich das Steuer nicht - wie im Abgastest der Behörden - erkennt die Software die Laborsituation. Auf der Straße im realen Betrieb hilft die Winkelerkennung dagegen, den Sparmodus zu vermeiden. Konzernkreise bestätigten dpa dies. Demnach sollen die Programmierer das illegale Programm als „Akustiksoftware“ getarnt haben. In der zweiten April-Hälfte will VW einen umfangreichen Zwischenbericht zur Schuldfrage bei den Manipulationen vorlegen.