Wachstum im Euroraum schwächt sich ab
Luxemburg (dpa) - Die Konjunktur in den 19 Euroländern hat sich im Frühjahresquartal spürbar abgeschwächt. Vor allem die zweit- und drittgrößten Volkswirtschaften des Währungsraums, Frankreich und Italien, enttäuschten.
Deutschland als stärkste Wirtschaftsmacht überraschte dagegen positiv. Wie sich der Euroraum im zweiten Halbjahr entwickeln wird, gilt angesichts vieler Risiken als schwer absehbar.
Bereits im zweiten Quartal haben sich die Staaten, die den Euro als gemeinsame Währung teilen, nicht mehr ganz so gut geschlagen wie noch zu Jahresbeginn. Nach Zahlen des Statistikamtes Eurostat vom Freitag lag die Wirtschaftsleistung von April bis Juni zwar 0,3 Prozent höher als im ersten Quartal.
Damit bestätigten die Statistiker vorläufige Daten. Im ersten Quartal war die Wirtschaft aber mit 0,6 Prozent noch doppelt so stark gewachsen. Im Vergleich zum Vorjahresquartal betrug das Wachstum im Frühjahr 1,6 Prozent.
Die Wachstumsabschwächung liegt nicht zuletzt an zwei der größten Volkswirtschaften Europas. Sowohl Frankreich als auch Italien kamen im Frühjahr über eine Stagnation nicht hinaus. Die beiden Länder zählen ohnehin zu den Sorgenkindern des Währungsraums: Frankreich wird von Ökonomen häufig seine wenig flexible Wirtschaftsstruktur vorgehalten. Ähnliches gilt für Italien, das zudem unter seinem als anfällig geltenden Bankensystem leidet.
Deutschland hingegen sorgte für eine Überraschung. Zwar wuchs die größte Volkswirtschaft Europas mit 0,4 Prozent merklich schwächer als in den ersten drei Monaten des Jahres. Allerdings hatten Fachleute im Vorfeld eine deutlichere Abschwächung erwartet. Ihnen galt der starke Jahresbeginn als überzeichnet, weil die Bauindustrie von einem milden Winter profitiert hatte. Die Gegenbewegung im zweiten Quartal fiel aber offenbar schwächer aus als vermutet. Dazu profitierte die deutsche Wirtschaft von einem überraschend lebhaften Außenhandel.
Die höchsten Wachstumsraten im Euroraum wiesen im zweiten Quartal aber nicht Deutschland, sondern die Slowakei (0,9 Prozent) sowie Spanien und Zypern (je 0,7 Prozent) aus. Die Wirtschaft des Dauersorgenkinds Griechenland wuchs um 0,3 Prozent, nachdem sie im ersten Quartal noch leicht geschrumpft war. Die fünftgrößte Volkswirtschaft des Euroraums, die Niederlande, präsentierte sich mit plus 0,6 Prozent überraschend stark.
Die Entwicklung in der zweiten Jahreshälfte 2016 gilt unter Volkswirten als schwer prognostizierbar. Vor allem sind die wirtschaftlichen Folgen des Brexit-Votums noch kaum abzusehen. Erste Stimmungsumfragen unter Verbrauchern und Unternehmen deuten jedoch darauf hin, dass weniger das europäische Festland, sondern vielmehr Großbritannien die Folgen zu spüren bekommt. Über den Außenhandel dürfte sich eine schwächere Entwicklung auf der Insel aber auch in Europa auswirken. Neben dem Brexit nennen Analysten zahlreiche weitere Konjunkturrisiken, darunter die anhaltende Terrorgefahr und die politische Entwicklung in der Türkei.