Wachstumstrend für deutsche Wirtschaft intakt
Frankfurt/Main (dpa) - Nach dem rasanten Aufschwung zu Jahresbeginn ist die deutsche Wirtschaft im Frühjahr wohl auf der Stelle getreten. Experten sind aber überzeugt: Die Voraussetzungen für weiteres Wachstum sind gut.
Lob kommt auch vom Internationalen Währungsfonds.
Der Aufschwung in Deutschland hat im Frühjahr merklich an Schwung verloren. Dennoch sehen die meisten Experten den Aufwärtstrend der deutschen Wirtschaft intakt. Für seine Wirtschafts- und Finanzpolitik bekommt Deutschland gute Noten vom Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Haushalte seien gesund, die Arbeitslosigkeit auf einem historisch niedrigen Stand und die Steuerbasis sei stark, heißt es neuesten IWF-Report.
Im April und Mai habe die Industrie einen Gang heruntergeschaltet, erklärte die Bundesbank in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht Juli. Auch die Baubranche habe das hohe Niveau aus dem sehr milden Winter wie erwartet nicht halten können. Zudem dürften die Spannungen im Nahen Osten oder in der Ukraine die Konjunktur gebremst haben. So treffen nach Einschätzung des DIHK die Sanktionen gegen Russland viele deutsche Exporteure.
Da der Dienstleistungsbereich aber weiter zugelegt haben dürfte, rechnet die Bundesbank im zweiten Quartal 2014 immerhin mit Stagnation: Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte saison- und kalenderbereinigt den Stand des starken Auftaktquartals gehalten haben, prognostizieren die Experten. Von Januar bis März war die deutsche Wirtschaft rasant gewachsen: Das BIP stieg im Vergleich zum Vorquartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,8 Prozent.
Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums weisen die Daten „auf eine Fortsetzung der dynamischen Wirtschaftsentwicklung, insbesondere der Binnenwirtschaft“, hin. Sie werde insbesondere von der günstigen Lage auf dem Arbeitsmarkt und steigenden Einkommen getragen, hieß es.
Beim sonst starken Export klemmt es jedoch. „Wir erwarten für dieses Jahr einen Rückgang des Exports nach Russland um 10 Prozent“, sagte Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), der dpa. „Damit fallen vier Milliarden Euro weg. Dieser Verlust trifft uns schon“, betonte er. Etwa 300 000 Arbeitsplätze in Deutschland hingen am Russland-Geschäft. Wegen der Ukraine-Krise senkte der DIHK die Export-Wachstumsprognose für 2014 insgesamt von 4,5 auf 4,0 Prozent.
Die Bundesbank geht schon länger davon aus, dass sich zwar „das hohe Expansionstempo des ersten Quartals“ nicht halten lassen werde. Die konjunkturelle Grundtendenz der deutschen Wirtschaft sei aber weiter aufwärtsgerichtet, und die Voraussetzungen für ein recht kräftiges Wirtschaftswachstum seien gut, hatten die Experten im Juni betont. Seinerzeit hatten sie für das Gesamtjahr ein BIP-Plus von 1,9 Prozent und für 2015 von 2,0 Prozent vorhergesagt. Der IWF geht aktuell für das laufende Jahr von einem Plus von 1,9 Prozent aus, 2015 dann von 1,7 Prozent.
Auch die Commerzbank erwartet, dass das BIP im zweiten Quartal bestenfalls stagnierte: „Wahrscheinlich ist es sogar leicht gefallen“, sagte Chefvolkswirt Jörg Krämer. In der zweiten Jahreshälfte dürfte das BIP aber wieder zulegen - schon weil der negative Baueffekt vom Frühjahr wegfällt. „Zudem dürften die Exporte nicht auf Dauer wie in der ersten Jahreshälfte stagnieren.“
Die Bankenvolkswirte sagen ein Wirtschaftswachstums von jeweils 2,0 Prozent in diesem und im kommenden Jahr voraus: „Denn die expansive Geldpolitik der EZB wird noch eine Weile die sich verschlechternde Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen übertünchen, die sich wegen der kräftigen Lohnsteigerungen und des Zurückrollens der Agenda-Reformen abzeichnet.“