Was auf die Wirtschaft zukommt
Experten sehen zwar deutliche Probleme für Japans Konjunktur, schätzen die Folgen für die Welt aber als nicht so hoch ein.
Berlin. Die Erdbebenkatastrophe in Japan erschüttert die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt bis ins Mark. Da stellt sich die bange Frage: Können die Schockwellen die Weltwirtschaft wieder in den Abgrund stürzen — nachdem die globale Krise 2008/09 gerade eben überstanden ist?
Commerzbank-Volkswirt Wolfgang Leim weist darauf hin, dass das Beben selbst eine Region erschüttert hat, die nur 2,5 Prozent zum japanischen Bruttoinlandsprodukt beisteuere. „Bedeutender sind die Produktionsausfälle im Großraum Tokio, der 18 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt“, so Leim. Zudem dürften Schließungen von Fabriken, Raffinerien und Kraftwerken die Produktion landesweit treffen. Daher rechnet Leim für das 1. Quartal mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes.
Nach Schätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer könnten bei dreimonatigem Stillstand 2,5 Millionen Autos nicht gebaut werden — wobei ein Drittel durch Verlagerung in Werke außerhalb Japans wettgemacht werde könnte. Den Schaden für die japanische Autobranche gibt es mit 25 Milliarden Euro an.
Eher nicht. Nach vier Prozent Wachstum 2010 war schon vor dem Beben ein Rückgang des Wachstums auf 1,4 Prozent prognostiziert worden. Allerdings folgen nach Einschätzung von Ökonomen auf einen Einbruch nach dem Beben „erhöhte Ausgaben zur Behebung der Schäden“.
Fachleute sprechen vom „Kobe-Effekt“. Dort hatte 1995 ein Erdbeben große Schäden angerichtet, und die Produktion brach kurzfristig landesweit ein, was aber schon in den Folgemonaten wettgemacht wurde. Allerdings dürften die aktuellen Schäden wesentlich höher sein als damals. Das Geld für den Wiederaufbau ist jedoch da. Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise weist darauf hin, dass Japan weltweit eines der am besten versicherten Länder sei.
Überspitzt gesagt: Die Welt ist für die japanische Wirtschaft wichtiger als Japans Ökonomie für die Weltwirtschaft. Die Erschütterungen nach der Lehman-Pleite 2008 oder das Platzen der Dotcom-Blase 2000/01 hatten weltweit Auswirkungen auf die Finanzsysteme mit Dominoeffekten auf die Realwirtschaft. Selbst das Platzen der japanischen Immobilienblase 1990 hatte Leim zufolge schwerere Konsequenzen als das Kobe-Erdbeben. Auf der Habenseite steht zudem die unerwartet kräftige Erholung vieler Ökonomien 2010/11. Vor allem die asiatischen Handelspartner der Exportnation Japan befänden sich in einem starken Aufschwung. „Das hilft auch Japan.“
Eher wenig. Dazu ist die Bedeutung Japans für die deutsche Wirtschaft zu gering. Als Abnehmer deutscher Waren rangiert Japan mit 18 Milliarden Euro (1,9 Prozent aller deutschen Ausfuhren) nur auf Platz 18 — und bei den Einfuhren auf Platz 14, mit 22,1 Milliarden Euro (2,7 Prozent aller Warenimporte).