Weitere Bank erhebt Strafzinsen
Frankfurt/Main (dpa) - Eine weitere Bank brummt Großkunden Strafzinsen auf. Nach der Commerzbank kündigte am Freitag auch die genossenschaftliche WGZ negative Zinsen für einzelne Profi-Anleger an.
Zuvor hatte bereits die Skatbank erklärt, sie werde einen sogenannten Negativzins erheben, allerdings nur, wenn ein Kunde mehr als drei Millionen Euro Gesamteinlagen hat. Wer soviel Geld anhäuft, muss praktisch einen Strafzins zahlen, das Geld wird nicht mehr, sondern weniger.
Noch verschonen die Institute Privatanleger. Ganz ausschließen, dass es auf lange Sicht auch Privatkunden treffen könnte, wollten Vertreter der Branche bei einem Kongress in Frankfurt aber nicht. Das Problem: Je länger die Phase der Mini-Zinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) andauert, desto größer wird der Druck auf die Banken, die sich ohnehin einen scharfen Wettbewerb liefern.
Verbraucherschützer rechnen aber nicht mit Strafzinsen für kleinere Guthaben. „Verbraucher würden ihr Geld dann schnell bei einer anderen Bank aufs Sparkonto legen“, sagte Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband der Deutschen Presse-Agentur.
Indirekt könnten die geplanten Strafzinsen für große Bankguthaben aber auch Verbraucher treffen. „Hinter einem Investmentfonds, der für seine Einlagen Negativzinsen zahlen muss, stehen auch Gelder von Privatanlegern“, erklärte sie. „Allerdings sollten solche Einlagen am Gesamtvermögen eines Fonds relativ gering sein.“ Ob Verbraucher betroffen sind, könnten sie mit ihren Produktanbieter klären. Von überstürzten Kündigungen rät Mohn ab.
Die Deutsche Bank sieht noch keinen allgemeinen Trend zu Strafzinsen. „Wir sind für Privatkunden nicht besorgt“, sagte Finanzchef Stefan Krause in Frankfurt. „Ich glaube schon wegen des psychologischen Moments nicht, dass es Negativzinsen für Sparer geben wird.“ Es gehe mehr um Guthaben von Großkunden.
Die Frage sei, wie lange die Banken die Rechnung noch zahlen könnten, da sie selbst für kurzfristige Einlagen bei der EZB drauflegen müssen, erklärte Krause. Die Notenbank kassiert von Geschäftsbanken derzeit 0,2 Prozent Zinsen, wenn diese über Nacht Geld bei ihr bunkern. Das soll die Institute zu mehr Krediten zwingen.
Diese Gebühr geben erste Häuser weiter - etwa an Unternehmenskunden, für die sie große Geldbestände vorhalten. Als erste Großbank hatte in dieser Woche die Commerzbank angekündigt, sie behalten sich bei einzelnen Großkunden die Berechnung einer „Guthabengebühr“ vor. Ähnlich verfährt die WGZ - die Zentralbank der Volksbanken und Raiffeisenbanken im Rheinland und in Westfalen.
Ein Sprecher des Düsseldorfer Instituts sagte der „Rheinischen Post“ (Freitag): „Die WGZ Bank berechnet ausschließlich institutionellen Kunden - und davon nur einem geringen Teil - negative Zinsen. Andere Kundengruppen werden derzeit nicht belastet.“ Seit November erhebt die Deutsche Skatbank einen Negativzins von 0,25 Prozent, wenn ein Kunde mehr als drei Millionen Euro Gesamteinlagen hat.
Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Privatbankenverbandes BdB, verteidigte die Schritte einzelner Häuser: „Das ist kein Dammbruch, das ist normales ökonomisches Verhalten.“ Es sei keine Überraschung, dass die Negativ-Zinsen der EZB bei großen Beträgen durchgereicht würden.
„Es ist vielleicht nicht schlecht, dass den Leuten bewußt wird, was die Konsequenzen dieser Niedrigzinspolitik sind. Das macht deutlich, dass wir uns in einer Ausnahmesituation befinden, die schnellstmöglich beendet werden muss.“ Kemmer betonte: „Der Wettbewerb ist so stark, dass ich nicht glaube, dass das auch Privatkunden treffen wird.“
Der Vorsitzende des Verbandes der Auslandsbanken in Deutschland, UBS-Manager Stefan Winter, indes meint: „Auf Dauer kann man nicht ausschließen, dass das beim Retailkunden (Privatkunden) ankommt.“ Zunächst werden nach seiner Einschätzung viele Banken versuchen, größere Guthaben anders zu bepreisen, weil sie ihre Kosten nicht mehr decken könnten.
Nach Ansicht der Finanzaufsicht Bafin stößt die EZB allmählich an ihre Grenzen. Behörden-Chefin Elke König äußerte sich angesichts der historisch niedrigen Zinsen und des harten Wettbewerb in Deutschland besorgt um die Geschäftsmodelle der Banken: „Die Erträge im klassischen Bankgeschäft stehen zunehmend unter Druck.“ Das könne zum Problem für die Finanzstabilität werden.
Vor diesem Hintergrund stellte König infrage, ob Bank-Dienstleistungen wie ein Girokonto kostenlos sein müssen. Marktexperte Daniel Saurenz von Feingold Research gab zu bedenken, Anleger wüssten nicht wohin mit ihrem Geld und bissen mit mulmigem Gefühl in den Aktienapfel. An den Aktienmärkten schossen die Kurse am Freitag weiter in die Höhe, angesichts der Signale von der EZB und aus China, dass die Geldflut durch die Notenbanken weiter anhält und das niedrige Zinsniveau anhält.