Riskante Reformvorhaben Wie Athen an frisches Geld kommen will
Athen/Brüssel (dpa) — Hoffnungsschimmer für das gebeutelte Griechenland? Athen und seine Gläubiger haben sich nach zähen Verhandlungen auf eine Reihe von Sparmaßnahmen und Reformen geeinigt, die weitere Finanzhilfen ermöglichen sollen.
Doch die geplanten Einschnitte sind alles andere als unumstritten. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Worauf haben sich die Experten der Gläubiger und die griechische Regierung geeinigt?
Ab dem 1. Januar 2019 sollen die Renten in Griechenland abermals gekürzt werden. Um bis zu 18 Prozent, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums in Athen. Damit sollen rund zwei Milliarden Euro gespart werden. Ab 1. Januar 2020 soll zudem der jährliche Steuerfreibetrag von heute 8636 Euro auf knapp 5700 Euro gesenkt werden. Dadurch könnten die Steuereinnahmen um 1,8 Milliarden Euro steigen.
Warum lässt sich die griechische Regierung darauf ein?
Weil dem Land sonst die Pleite droht. Griechenland braucht spätestens im Juli frisches Geld, um seine Schulden bezahlen zu können. Neue Kredite soll es allerdings nur dann geben, wenn bestimmte Haushaltsziele erreicht werden. Die Vorgabe der Gläubiger: ein Haushaltsüberschuss - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - von 3,5 Prozent, wenn man Zinsen für die Kredite herausrechnet.
Gibt es Widerstand gegen diese neuen Sparmaßnahmen?
Die Gewerkschaften laufen Sturm. Sie haben bereits einen Generalstreik angekündigt. Er soll an dem Tag stattfinden, an dem das Parlament in Athen über die Sparmaßnahmen abstimmt. Auch die stärkste Oppositionspartei, die bürgerliche Nea Dimokratia (ND), stellt sich gegen diese Sparmaßnahmen.
Könnten die Pläne noch gekippt werden?
Der linke griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras muss die Reformen durchs Parlament bringen. Dort hat er nur eine äußert knappe Mehrheit. Bereits drei Nein-Stimmen könnten zum Aus für die Einigung mit den Gläubigern und zum Sturz der Regierung führen.
Was macht Tsipras optimistisch, dass er es dennoch schafft?
Um die Hardliner innerhalb seiner Partei zu besänftigen, sagt Tsipras immer wieder, dass die Sparmaßnahmen erst dann in Kraft treten, wenn das Thema „Schuldentragfähigkeit“ geklärt ist. Zudem soll Athen Spielraum für Konjunkturmaßnahmen bekommen. Geplant sind Maßnahmen gegen Kinderarmut, zur Förderung des Arbeitsmarkts oder zur Deckung von Gesundheitskosten für Rentner sowie Steuersenkungen ab 2020.
Worum geht es beim Thema „Schuldentragfähigkeit“?
Die Schulden Griechenlands sind so hoch, dass sie nach Ansicht der griechischen Regierung nicht zurückzahlbar sind. Sie erhofft sich deswegen zumindest langfristig Schuldenerleichterungen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will der Auszahlung eines neuen Kredits für Griechenland nur zustimmen, wenn sich der IWF am Hilfsprogramm beteiligt. Ist diese Frage schon geklärt?
Nein. Der IWF will erst nach der Verabschiedung der Reformen und einer Analyse über die Tragfähigkeit der griechischen Schulden entscheiden. Ob es wirklich Schuldenerleichterungen gibt, soll dann nach Auslaufen des dritten Hilfsprogramms im Sommer 2018 beraten werden. Der IWF pocht aber darauf, über Berechnungsweisen zu reden. EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici sagte am Dienstag, er hoffe, dass in den nächsten Wochen auch in der Frage der Tragfähigkeit der Schulden Griechenlands eine Verständigung erreicht werde. Bis zum 22. Mai ist Zeit. Dann wollen die Finanzminister der Euro-Staaten entscheiden, wie es weitergeht.