Wie Discounter und Drogeriemärkte um Kunden kämpfen
Aldi & Co setzen verstärkt auf Cremes, Deo und Shampoo. Die Lücke, die Schlecker hinterlässt, ist hart umkämpft.
Burgwedel. Dirk Roßmann ist ein Mann mit klaren Worten. „Es war für die Drogeriemarktunternehmen in Deutschland nicht so günstig, dass plötzlich auch die Nivea-Creme bei Aldi zu finden ist“, sagt der Erfinder des Drogerie-Discounterprinzips. Er steht mit seiner Rossmann-Kette hinter dm und vor Müller als Nummer zwei in einer Branche, die hierzulande 23 Milliarden Euro Jahresumsatz macht.
Lange flutschte es nur so, 42 Jahre nach dem Start 1972 zählt allein Rossmann gut 3000 Filialen. Doch dann verpasste Marktführer Schlecker den Anschluss, ging pleite — nun ist der Trubel groß.
Die Discounter wollen ihren Teil vom Kuchen und stoßen in das Schlecker-Vakuum. Marktführer Aldi etwa listet Nivea. Roßmann räumt ein: „Wenn Filialketten wie Aldi jetzt Markenartikel wie Nivea verkaufen, die dort bisher nie zu finden waren, dann tut uns das auch ein Stück weh.“ Roßmann klagt auf hohem Niveau. 16 Jahre in Folge wuchs sein Imperium bei Umsatz und Ertrag zweistellig, nun sollen 2014 „nur“ gut acht Prozent Steigerung drin sein.
Die Gretchenfrage lautet: Ändert sich das Einkaufsverhalten der Drogeriemarktkunden nachhaltig, wenn Aldi, Netto und Co. als Konkurrenz auftreten? Roßmann fürchtet das nicht. Sein Argument: „Unsere Qualität — und damit meine ich auch dm und Müller — liegt ja darin, dass bei uns die Kunden auch Lippenstift und Haarbürste kaufen.“
Experten teilen diese Einschätzung. Zwei Jahre nach dem Schlecker-Aus sehen sie die früheren Konkurrenten als größte Profiteure der Pleite. Denise Klug, Analystin beim Branchenkenner Planet Retail, sagt: „Am stärksten haben bisher die Drogeriemarktketten profitiert.“ Vieles hänge dabei am Einkaufsverhalten. Die Shopping-Routine ändere sich nicht von einem Tag auf den anderen. „Schlecker-Kunden waren es gewohnt, in einem Drogeriemarkt einzukaufen.“
Für Expertin Klug sind die Versuche der Discounter eher ein zaghaftes Herantasten und kein Versuchsballon für den großen Angriff. „Beim Kauf von Körperpflege und Schönheitsprodukten haben sich die Konsumenten an eine Wellness-Atmosphäre gewöhnt. Bei Schlecker hat sie gefehlt — und das Ergebnis ist ja nun bekannt.“
Wie Denise Klug berichtet, funktioniert der Trend zum Fischen in fremden Segmenten übrigens auch umgekehrt: So gehören bei Rossmann Lebensmittel und Wein schon längst dazu, und in hochfrequentierten Läden wie an Bahnhöfen listet der Händler noch mehr davon.
Vielerorts ergänzten auch Kurzwaren, Küchenbedarf oder Schreibutensilien das bekannte klassische Geschäft von A wie Antifaltencreme bis Z wie Zahnpasta. Der Rossmann-Konkurrent dm bilde dabei hierzulande eine Ausnahme. „Convenience-Lebensmittel anzubieten, ist bei dm nicht vorgesehen, die bleiben bei ihrer Kernkompetenz“, so Klug.