Wieder Opel-Werke auf der Kippe
Frankfurt/Main (dpa) - Die Mitarbeiter von Opel müssen sich erneut auf tiefe Einschnitte gefasst machen. Der US-Mutterkonzern General Motors (GM) will hart durchgreifen und Kosten senken, um die defizitäre Tochter aus den roten Zahlen zu führen.
Dabei stünden auch zwei Werke auf der Kippe, berichtete das „Wall Street Journal“: Die Standorte Bochum und Ellesmere Port in England. Auch ein weiterer Lohnverzicht und der Wegfall von Zuschlägen werden nach Medienberichten diskutiert. Wie in Arbeitnehmerkreisen zu hören ist, spüren die Mitarbeiter den Druck von allen Seiten, die Angst vor Stellenstreichungen gehe um.
Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke reagierte am Freitag. In einem Brief an die Mitarbeiter versprach er, die Zukunft für Opel/Vauxhall zu sichern. Allerdings sei die gesamte Autoindustrie mit einem schwachen europäischen Markt konfrontiert: „Deshalb müssen wir jetzt handeln, um unsere Profitabilität dauerhaft zu verbessern.“ Es gebe Pläne, das Nutzfahrzeuggeschäft auszubauen, den Marktanteil in Russland zu steigern und die Exporte auszuweiten. Zum möglichen Aus von Werken äußerte er sich nicht.
Aus Sicht des Opel-Betriebsrats verbieten sich Spekulationen über Standortschließungen ohnehin. „Es macht wenig Sinn, über teure Werksschließungen zu spekulieren. Diese würden eine Rückkehr des Unternehmens in die Gewinnzone auf Jahre hinaus unmöglichen machen“, sagte Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug am Freitag.
Zudem könnten die europäischen Werke auch dadurch ausgelastet werden, dass Autos der Marken Opel und Vauxhall nicht mehr aus anderen Regionen importiert werden. Der neue Klein-Geländewagen Opel Mokka etwa wird in Südkorea gefertigt. Ebenfalls denkbar ist, Chevrolets für den europäischen Markt bei Opel statt in Südkorea zu bauen. Experte Stefan Bratzel sieht diesen Vorschlag skeptisch: „Im Wettbewerb mit Südkorea stellt sich die Kostenfrage.“
Wegen der schwachen Nachfrage nach den Opel-Modellen Insignia und Corsa wird momentan in den Werken Eisenach und Rüsselsheim mit angezogener Handbremse produziert. Im spanischen Werk bei Saragossa will GM wegen sogar vorübergehend 316 Arbeitsplätze streichen.
Mögliche Entscheidungen über einen Kahlschlag bei Opel wurden noch nicht getroffen. Der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel scheint aber auf Einiges gefasst zu sein. In der „Rheinischen Post“ (Samstag) forderte er: „Die Landesregierung (in Düsseldorf) muss jetzt sofort eine Task Force gründen, um das Bochumer Opel-Werk zu retten.“ NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) sagte, ein Aus für Opel in Bochum wäre für Nordrhein-Westfalen eine sehr schlimme Entscheidung: „Das wäre ein Stück De-Industrialisierung.“
Die Sparpläne könnten bei der Aufsichtsratssitzung am kommenden Mittwoch (28.3.) für Zündstoff sorgen. Schon jetzt gehen Betriebsräte und Gewerkschaften gegen die Schrumpfkur auf die Barrikaden. Der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter Armin Schild warf dem Management von Opel und GM am Freitag vor, mit dem Feuer zu spielen: „Statt automobile Konzepte zu liefern, werden jetzt wieder die Sparschweine durch die europäischen Standorte getrieben.“
Die Arbeitnehmerseite fordert stattdessen eine Offensive: Nur mit neuen Modellen und neuen Märkten könne das Volumen erhöht und Opel saniert werden, sagte Wolfgang Nettelstroth, Sprecher der IG Metall in Nordrhein-Westfalen: „GM muss sich entscheiden, mehr Autos zu verkaufen, nicht Opel klein zu sparen. Das gefährdet die Marke und damit alle Standorte.“
Wie das „Handelsblatt“ am Freitag unter Berufung auf Konzernkreise berichtete, hat GM bereits konkret das Aus für zwei Fertigungsstätten in Europa durchgerechnet. Demnach würde ein solcher Einschnitt den Konzern insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro kosten. GM dürfte diesen Brocken stemmen können: Der Konzern verdiente 2011 rund 7,6 Milliarden Dollar - obwohl er in Europa operativ 747 Millionen Dollar (573 Mio Euro) verlor.