Wirbel um Debeka; Tausende Beamte sollen Tipps gegeben haben

Koblenz (dpa) - Die Vorwürfe des illegalen Datenhandels gegen Mitarbeiter der Debeka-Versicherung könnten sich ausweiten. Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ soll es ein Netz von mehr als 10 000 Beamten geben, die für die Vermittlung von Versicherungen bezahlt wurden.

Über Jahre hinweg sollen demnach weit über 100 Millionen Euro geflossen sein. Die Debeka teilte am Mittwoch mit, es gebe zwar sogenannte Tippgeber. Dies sei jedoch kein „geheimes System von Zuträgern“, sondern stehe im Einklang mit dem Bundesbeamtengesetz.

Es werde dennoch geprüft, ob das Vorgehen mit den Tippgebern als nebenberuflichen Mitarbeitern angemessen sei, teilte die Debeka mit. Das übernehme die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, die bereits mit internen Prüfungen bei den Koblenzern beauftragt worden war.

Die Debeka sieht sich seit Wochen mit Vorwürfen des illegalen Datenhandels konfrontiert. Am vergangenen Montag war bekanntgeworden, dass die Koblenzer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren aufgenommen hat.

Es richtet sich gegen unbekannte Mitarbeiter des Unternehmens wegen des Verdachts der Bestechung und der Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses. Zudem wird gegen unbekannte Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung ermittelt - wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Verletzung des Dienstgeheimnisses.

Das Unternehmen betonte, man sei ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Daher sei es üblich, dass zufriedene Mitglieder neue Mitglieder werben. Da die Debeka eine offiziell anerkannte Selbsthilfeeinrichtung des öffentlichen Dienstes sei, dürften Beamte im Einklang mit Paragraf 100 des Bundesbeamtengesetzes als Tippgeber aktiv werden.

Bei den Tippgebern handele es sich um Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes. Sie dürften mit ausdrücklichem Einverständnis ihrer Dienstherren Empfehlungen für potenzielle Neumitglieder geben. Dieses Vorgehen sei vergleichbar mit der Kundenwerbung etwa in Fitnessstudios oder bei Zeitungsabonnements. Geld werde nur bei einer erfolgreichen Vermittlung gezahlt. Auch wer kein offizieller Tippgeber sei, könne der Debeka Interessenten empfehlen. Im Erfolgsfall würden für einen Hinweis bis zu 15 Euro gezahlt, je nach Art der daraufhin abgeschlossenen Verträge.

Der Paragraf 100 des Bundesbeamtengesetzes dreht sich um nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten. Darin heißt es unter anderem, dass „Tätigkeiten zur Wahrung von Berufsinteressen in Gewerkschaften oder Berufsverbänden oder in Selbsthilfeeinrichtungen der Beamtinnen und Beamten“ nicht genehmigungspflichtig sind.

Die Debeka räumte bereits Verfehlungen ein und leitete interne sowie externe Prüfungen ein. Neben der Staatsanwaltschaft Koblenz beschäftigen sich auch die Finanzaufsicht Bafin und der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte mit dem Fall.

Erste Kritiker fordern nun Konsequenzen. Sollten die Informationen der Zeitung zutreffen, sprenge der Skandal jegliche Vorstellungskraft, sagte der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick „Handelsblatt online“. Der Debeka-Vorstand müsse abgelöst werden, sofern es sich bestätige, dass die Vorwürfe stimmten.