Wirtschaftsweise rügen Schwarz-Gelb
Die Wirtschaftsweisen kritisieren die jüngsten Beschlüsse der Koalition. Die Konjunktur kühlt sich ab.
Berlin. Vor dem Hintergrund einer sich abkühlenden Konjunktur hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung deutliche Kritik an den jüngsten Beschlüssen der Bundesregierung geübt.
„In die falsche Richtung gehen strukturelle Mehrausgaben wie etwa das Betreuungsgeld, die Zuschussrente oder die Abschaffung der Praxisgebühr“, heißt es im Jahresbericht der Wirtschaftsweisen, der am Mittwoch vorgestellt wurde.
Für 2012 und 2013 sehen die Wirtschaftsweisen nur ein kleines Plus von jeweils 0,8 Prozent. Zum Vergleich: 2011 legte das Bruttoinlandsprodukt um drei Prozent zu.
Die Wirtschaftsweisen sehen zwar Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung. Doch ist diese Entwicklung nach ihrer Auffassung kein Verdienst von Schwarz-Gelb. Der positive Trend resultiert zuallererst aus den sprudelnden staatlichen Einnahmen. Sie werden 2012 um 3,4 Prozent ansteigen.
Hinzu kämen trotz wachsender Schuldenquote sinkende Zinszahlungen, weil Deutschland als „sicherer Hafen“ gelte, sowie Ersparnisse bei der Bundesagentur für Arbeit. Da diese Entwicklung nicht von Dauer sei, brauche es „deutlich mehr Ehrgeiz bei der Konsolidierung“.
Es gebe erste Lichtblicke, so die Experten, aber weiterhin eine „Vertrauenskrise von systemischem Ausmaß“. Der Währungsunion fehle immer noch eine stabile Architektur. Die Mehrheit der Wirtschaftsweisen hält es aber für illusorisch, die Haushaltskontrolle der Euro-Länder zu zentralisieren, weil das mit einem dauerhaften Verlust von nationalen Souveränitätsrechten verbunden ist.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte klar, dass sie den Empfehlungen der Gutachter nicht in allen Punkten folgen könne. Einerseits gelte es, die Schuldenbremse einzuhalten, andererseits sehe sie sich international dem Vorwurf ausgesetzt, zu stark zu sparen und so auf Konjunkturimpulse zu verzichten. In diesem Spannungsverhältnis müsse man einen Weg finden.