Wohnungsnot Bauland-Kommission: Bauen – oder enteignet werden

Berlin · Die Bauland-Kommission legt ihre Vorschläge vor: Grundstücksbesitzer sollen zur Bebauung gezwungen werden.

In neunmonatiger Arbeit hat die Kommission Handlungsempfehlungen zusammengetragen, wie besser und billiger gebaut werden kann, damit mehr Mieter glücklich werden.

Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Nach wie vor werden viel zu wenige Wohnungen gebaut. Eine Ursache ist knappes Bauland. Die von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eingesetzte Baulandkommission hat nun Vorschläge unterbreitet, um dem Problem beizukommen. Eine Idee: Eigentümer sollen praktisch zur Bebauung ihrer Grundstücke gezwungen werden können.

Gut jeder zweite Bürger in Deutschland wohnt zur Miete. Doch vor allem in den Ballungszentren sind Unterkünfte rar und teuer. Zur Entschärfung hat die große Koalition 1,5 Millionen neue Wohnungen versprochen. Um dieses Ziel bis Ende 2021 zu erreichen, müssten jährlich 375 000 Unterkünfte errichtet werden – im vergangenen Jahr waren es aber nur 287 000.

Die Baulandkommission aus Vertretern von Koalition, Ländern, sowie Wohnungs-, Immobilien- und kommunalen Spitzenverbänden hat am Dienstag nun ihre Ergebnisse präsentiert. In neun Monaten Arbeit hat sie Handlungsempfehlungen zusammengetragen. Ein zentraler Punkt dabei: Die Kommission empfiehlt den Ländern im Rahmen einer Änderung des Baugesetzbuches die Anwendung des Baugebots „zu erleichtern“. Dahinter verbirgt sich eine Pflicht für Eigentümer, ihr Grundstück entweder selbst zu bebauen oder es an Interessenten zu verkaufen. Entsprechende Pläne gibt es bereits in Tübingen. Dort wurden Grundstückseigner aufgefordert, entweder ein Baugesuch einzureichen, oder das Grundstück zum Verkehrswert an die Stadt zu veräußern. Andernfalls droht eine Enteignung.

Darüber hinaus soll der Zeitraum von zwei auf drei Monate verlängert werden, in dem Kommunen vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen können. Es dient dazu, eine Verdrängung von einkommensschwachen Mietern zu verhindern. Schrittmacher ist hier Berlin. Allein zwischen 2015 und Ende 2018 kaufte die Stadt 32 Häuser in bestimmten Gebieten, um die soziale Mischung der Quartiere zu erhalten. Die Hauskäufe haben die Hauptstadt rund 154 Millionen Euro gekostet.

Darüber hinaus empfehlen die Experten dem Bund sowie Länder und Kommunen, „eigene Liegenschaften vergünstigt für bezahlbaren Wohnungsbau bereitzustellen“. Eine entsprechende Richtlinie für bundeseigene Grundstücke war bereits im vergangenen September in Kraft getreten. Bislang kommen häufig die meistbietenden Investoren zum Zuge. Auch deshalb entstehen häufig Luxuswohnungen mit kaum bezahlbaren Mieten. Künftig müsse Bauland nach dem „besten Konzept“ eines Kaufinteressenten vergeben werden, meinte Stapelfeldt. Dazu seien noch haushaltsrechtliche Regelungen notwendig. Auch der Parlamentarische Innenstaatssekretär Marco Wanderwitz (CDU) stellte klar, dass die zügige Bereitstellung von Bauland maßgeblich von praxisfreundlichen Rahmenbedingungen auf allen föderalen Ebenen abhänge.

Zu weiteren Anregungen gehören eine Reaktivierung von Brachland, die personelle Stärkung der Planungsämter sowie Erleichterungen für den Dachgeschossausbau. Außerdem machen sich die Experten für eine Senkung der Grunderwerbsteuer insbesondere beim Ersterwerb von Wohneigentum stark. Von einem Mietendeckel, oder der Enteignung von Immobilienunternehmen hält man nichts. Bis auf das „Baugebot“ seien „keine neuen Eingriffe in die Eigentumsrechte vorgesehen“, sagte Wanderwitz. Was wird aus den Ideen? Der CDU-Politiker verwies auf die Baugesetzbuch-Novelle, mit der „viele Empfehlungen“ abgedeckt würden.