Zeuge: Charterflieger waren für Middelhoff ein „fliegendes Büro“
Essen (dpa) - Der ehemalige Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, hat seine umstrittenen Charterflüge nach Angaben eines früheren Mitarbeiters überwiegend zur Arbeit genutzt.
„Das war ein fliegendes Büro für ihn“, sagte der Zeuge am Freitag im Essener Untreue-Prozess gegen Middelhoff.
In Linienfliegern wäre dies nach seinen Aussagen nicht im gleichen Ausmaß möglich gewesen. „Man kann dort nicht über Firmeninterna sprechen, oder Akten auspacken. Das wäre viel zu gefährlich.“ Er selbst sei aber lieber in Linienfliegern unterwegs gewesen, als in Privatjets. „Ich habe immer ein mulmiges Gefühl in diesen kleinen Dingern gehabt“, sagte er.
Die ehemalige stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig-Raane konnte als Zeugin im Untreue-Prozess gegen Middelhoff nur wenig zur Wahrheitssuche des Gerichts beitragen. Die 66-Jährige sagte bei ihrer Vernehmung, an die Inhalte eines Vier-Augen-Gesprächs mit Middelhoff im Januar 2009 in Berlin könne sie sich nicht mehr erinnern.
Middelhoff hatte die Flugkosten für den Charterjet in Höhe von fast 18 000 Euro nach Berlin laut Anklage in voller Höhe durch Arcandor zahlen lassen. Nach seinen Angaben hatte sich das Gespräch um einen Sanierungstarifvertrag für das Unternehmen gedreht.
Dies sei „nicht unplausibel“, sagte Mönig-Raane, die damals auch dem Arcandor-Aufsichtsrat angehörte. Die Staatsanwaltschaft geht allerdings davon aus, dass Middelhoff vor allem wegen privater geschäftlicher Angelegenheiten in der Stadt war.
Die Staatsanwaltschaft wirft Middelhoff vor, den inzwischen pleitegegangenen Handelskonzern insgesamt mit betriebsfremden Kosten in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro belastet zu haben. Hauptsächlich geht es um Flüge mit Charterflugzeugen und Hubschraubern, die von Arcandor bezahlt wurden, nach Auffassung der Behörde aber ganz oder teilweise privat veranlasst waren. Middelhoff weist die Vorwürfe entschieden zurück.