Zum Start der Grünen Woche Kritik an Massentierhaltung
Berlin (dpa) - Zum Auftakt der Grünen Woche in Berlin flammt wieder Streit um die Zukunft der Landwirtschaft auf. Die Grünen forderten eine Abkehr von der Massentierhaltung.
Für diesen Samstag haben Umwelt-, Tierschutz- und Kleinbauernverbände am Rande der weltgrößten Agrarmesse zu einer Demonstration gegen Großställe, Antibiotika-Einsatz in der Tiermast und den geplanten Freihandel mit den USA aufgerufen. Die Veranstalter rechnen mit 20 000 Teilnehmern. Bei einer Agrarministerkonferenz wollen Regierungsvertreter aus mehr als 70 Ländern über die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung beraten.
In den Messehallen unter dem Berliner Funkturm wird am Wochenende ein Besucherandrang erwartet. Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach zum Start der Grünen Woche am Freitag von einer hervorragenden Gelegenheit für die Branche, Produkte von guter Qualität vorzustellen. Bis zum 26. Januar präsentieren sich 1650 Aussteller aus 70 Ländern, insgesamt sollen mehr als 400 000 Besucher begrüßt werden. Diesjähriges Partnerland der Messe ist Estland.
Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, warnte vor einer weiteren Industrialisierung der Landwirtschaft. „Wir müssen weg von nicht artgerechter Massentierhaltung und unkontrollierter Gentechnik“, sagte er der dpa.
Der bayerische Agrarminister Helmut Brunner (CSU) warnte die Bauern am Freitag, den Dialog mit Kritikern abzubrechen. „Es ist wichtig, dass man auch Meinungen ernst nimmt, die in eine andere Richtung gehen.“ Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte am Vortag angekündigt, die Branche sei nicht mehr bereit, über „Kampfthemen“ mit Menschen zu diskutieren, die eine andere Landwirtschaft wollten. Er warf einem Teil der Kritiker vor, bewusst Ängste zu schüren.
„So eine Diskussion lässt sich nicht auf Befehl beenden“, sagte NRW-Ressortchef Johannes Remmel (Grüne) am Freitag und verlangte, die Fragen von Umweltverbänden ernst zu nehmen. „Denn das sind die Fragen der Bürgerinnen und Bürger.“ Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, sagte: „Wir reichen so oft die Hand in Richtung Landwirte, und ich finde, Herr Rukwied sucht immer noch nur den Rohrstock, um auf die Hand draufzuhauen.“
Zu Beginn des traditionellen Eröffnungsrundgangs liefen zwei Demonstranten laut rufend vor die Kameras und protestierten vor Minister Friedrich und dem Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gegen Massentierhaltung. Am Freitagnachmittag kamen etwa 30 Demonstranten mit Trommeln und Glocken ins Internationale Congress Centrum (ICC) am Messegelände und protestierten gegen intensive Fleischproduktion. Auf Transparenten stand ironisch „Größere Tierfabriken“ oder „Tiere fühlen nichts“.
In Deutschland schrumpft die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe weiter. Zwischen 2010 und 2013 hat jeder 20. Betrieb aufgegeben, wie aus einer am Freitag vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Erhebung hervorgeht. Ausnahme sind Höfe mit ökologischem Anbau, deren Zahl um neun Prozent auf 18 000 zulegte. Insgesamt waren bei nahezu unveränderter Anbaufläche im vergangenen Jahr noch 285 000 Betriebe aktiv - 5 Prozent weniger als 2010. Die Zahl der Agrar-Beschäftigten sank um 6 Prozent auf rund eine Million.