Zweifel an Spaniens Krisenkonzept
Madrid stellt nach langem Zögern bei der EU einen Rettungsantrag, um Banken-Zusammenbrüche abzuwenden.
Madrid. Nach wochenlangem Zögern hat Spanien dem Druck der Euro-Gruppe nachgegeben und den Rettungsantrag für seine marode Bankenbranche auf den Weg gebracht. Die Finanzminister der Euro-Zone hatten bereits am 9. Juni einen Notkredit von maximal 100 Milliarden Euro zugesagt, um mehrere Banken vor dem Zusammenbruch zu bewahren.
Doch Spanien kämpft hinter den Kulissen mit harten Bandagen um möglichst günstige Kreditbedingungen und um eine „weiche Rettung“ mit geringen Auflagen. Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman warf Spaniens konservativem Regierungschef Mariano Rajoy vor, „keinen Plan“ zu haben und mit dieser Konzeptlosigkeit das Misstrauen der Anleger zu schüren.
Spaniens Zaudern gilt als ein Grund dafür, dass die Zinsen, welche das Krisenland am Geldmarkt zahlen muss, auch nach der Hilfszusage sehr hoch blieben. Unabhängige Analysten schließen nicht aus, dass die Bankenrettung nur ein erster Schritt ist und bald ganz Spanien, das in einer tiefen Schulden- und Wirtschaftskrise steckt, unter den Euro-Rettungsschirm flüchten muss. Spaniens Regierung hatte durchblicken lassen, dass der Staat das horrende Zinsniveau von derzeit etwa 6,5 Prozent für langfristige Anleihen nicht sehr lange durchhalten kann.
Die EU drückt aus Sorge, dass das Vertrauen der Investoren weiter sinkt, bei den Verhandlungen mit Spanien aufs Tempo. EU-Währungskommissar Olli Rehn „begrüßte“ zwar Spaniens Schritt. Kündigte aber an, dass die „Troika“ aus Europäischer Zentralbank, Europäischer Bankenaufsicht und Internationalem Währungsfonds mit Madrid nun zügig die Einzelheiten des Notkredits aushandeln wolle.
Die Banken, die mit europäischen Milliarden gestützt werden, müssen nach Angaben von Rehn auf jeden Fall mit Sanierungsauflagen rechnen. Auch will Brüssel mit Zwangsfusionen und der Abwicklung nicht zu rettender Finanzinstitute auf dem spanischen Bankenmarkt aufräumen.
„Die Regierung von Spanien bittet formell um finanzielle Hilfe für die Rekapitalisierung von spanischen Finanzinstituten“, heißt es in dem Brief, den Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos gestern morgen an den Chef der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker schickte. In dem Schreiben wird nicht erwähnt, wie viel Geld notwendig ist, um einen drohenden Bankencrash abzuwenden.
Spanien ist nach Griechenland, Irland und Portugal der vierte Staat, der Hilfe vom Euro-Rettungsschirm braucht. Die Berichte zweier Beratungsgesellschaften, welche die Bankenrisiken abschätzten, geben eine Idee des Finanzbedarfs: Demnach könnten bis zu 62 Milliarden Euro fällig werden, um die Banken zu retten.
Am Montagabend wurde bekannt, dass ein weiteres Euro-Land unter den Euro-Rettungsschirm flüchtet: Zypern hat seine europäischen Partner um Hilfe aus den Krisenfonds EFSF oder ESM ersucht. Als Begründung verwies der Staat auf die Auswirkungen der Griechenland-Krise. Die Banken beider Länder sind stark miteinander verflochten.