Zyperns Finanzminister tritt zurück
Nikosia (dpa) — Erst Ende Februar war Zyperns Regierung angetreten, nun wirft der Finanzminister das Handtuch. Auch Staatspräsident Nikos Anastasiades ist in Bedrängnis. Vorwürfe der Kapitalflucht treffen dessen Familie.
Zyperns Finanzminister, Michalis Sarris, ist am Dienstag unmittelbar nach einer Übereinkunft mit der Geldgeber-Troika zurückgetreten. Der Schritt sei von Präsident Nikos Anastasiades angenommen worden, bestätigte Regierungssprecher Christos Stylianides dem staatlichem Rundfunk Zyperns zufolge. Als Grund nannte Sarris die Untersuchungen der neu eingesetzten Kommission, die Hintergründe der Bankenkrise unter die Lupe nimmt. Die Kommission soll sich auch mit den Vorwürfen der Kapitalflucht von Anlegern beschäftigen, die Mitte März Insiderinformationen über bevorstehende harte Maßnahmen genutzt haben sollen, um hunderte Millionen ins Ausland zu bringen.
Sarris war noch vor einem Jahr Chef der angeschlagenen Laiki Bank. Das zweitgrößte Geldhaus ist das einzige in der kleinen Inselrepublik, das im Zuge der strengen Auflagen für das Finanzsystem des Euro-Krisenlandes zerschlagen wird. Sarris' Nachfolger soll Medienberichten zufolge Arbeitsminister Charis Georgiades werden.
Gerüchte über seine Ablösung hatte es bereits während der Moskau-Reise von Sarris gegeben, als er versuchte, die Russen zu Milliarden-Geldspritzen zu bewegen, wie die Zeitung „Politis“ schreibt. Außerdem habe das Oberhaupt der einflussreichen orthodoxen Kirche, Erzbischof Chrysostomos II. wiederholt den Rücktritt des Finanzministers gefordert.
Unterdessen lockerte Zypern fünf Tage nach Wiedereröffnung der Banken leicht die strengen Beschränkungen für den Zahlungsverkehr. Nach Mitteilung der Regierung sind jetzt Überweisungen für geschäftliche Zwecke bis zu 25 000 Euro pro Tag und Konto erlaubt, statt bislang nur 5000 Euro. Transfers oberhalb der Grenze bedürfen weiterhin der Zustimmung der Zentralbank. Das Limit für Abhebungen bleibt indes bei 300 Euro pro Person und Bank. Ebenfalls bestehen bleibt das Verbot, bei Auslandsreisen mehr als 1000 Euro Bargeld pro Person mitzunehmen.
Finanzminister Sarris konnte die Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern vor seinem Rücktritt noch unter Dach und Fach bringen. Wie Regierungssprecher Stylianides mitteilte, gehören zu den Eckpunkten der Vereinbarung mit der Troika von EU, Europäischer Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die Modalitäten für die Rückzahlung der zugesagten Hilfskredite in Höhe von zehn Milliarden Euro. Der Zeitraum dafür erstrecke sich über 22 Jahre, wobei der Zinssatz bei 2,5 Prozent liege. Die Tilgung beginne in zehn Jahren.
Außerdem erhalte Zypern für die Haushaltssanierung länger Zeit - vorgesehen sei das Ziel nun bis 2018 statt wie ursprünglich vorgesehen 2016. Dasselbe gelte für die geplanten Privatisierungen, sagte Stylianides dem staatlichen Rundfunk Zyperns zufolge. Die Ausbeutung der vermuteten Gasvorkommen bleibe in den Händen des Landes, die Troika werde lediglich beratende Funktion haben.
„Der Grund meines Rücktritts ist, dass ich die Arbeit des heute gebildeten Untersuchungsausschusses unterstützen möchte“, erklärte Sarris vor der Presse.
Die aus drei ehemaligen Richtern bestehende Kommission wurde am Dienstag von Staatspräsident Anastasiades vereidigt.
Anastasiades gerät selbst in Bedrängnis, denn die Richter sollen auch Vorwürfe der Kapitalflucht von Anlegern untersuchen. Die Anschuldigungen betreffen auch Familienmitglieder des Präsidenten. Bankkunden sollen nach Warnungen vor Zwangsabgaben rechtzeitig hohe Summen ins Ausland geschafft haben. Der Präsident wertet die Verdächtigungen als Versuch der Opposition, ihn zu diffamieren. Ihm selbst seien keine derartigen Vorgänge bekannt.
Im Visier soll nach einem unbestätigten Bericht der zyprischen kommunistischen Oppositionszeitung „Charavgi“ auch die Familie eines Schwiegersohns von Anastasiades sein. Zyperns Präsident erklärte am Dienstag, die Überprüfung solle nicht nur seine angeheirateten Verwandten betreffen, sondern auch auf seine bisherige Anwaltskanzlei ausgeweitet werden. „Ich bitte Sie daher, mit Vorrang und besonderer Strenge zu prüfen, was mir direkt oder indirekt vorgeworfen wird“, sagte er während der Vereidigung der Untersuchungskommission.
Laut Medienberichten sollen vor den strengen Beschlüssen der Euro-Gruppe für die Bankensanierung Gelder in Höhe von rund 700 Millionen Euro von Unternehmen ins Ausland gebracht worden sein. Griechische Medien berichteten von 136 Firmen, die daran beteiligt sein sollen.