Alkohol am Steuer: Kein Vollkasko im Vollrausch
Karlsruhe (dpa) - Wer volltrunken einen Laternenpfahl rammt, sollte nicht auf seine Versicherung hoffen. Doch der BGH lässt trunkenen Fahrern eine Chance: Wer sich quasi besinnungslos trinkt, kann auf Schuldunfähigkeit plädieren.
Eine Vollkasko-Versicherung muss nicht zahlen, wenn der Autofahrer grob fahrlässig im Vollrausch einen Unfall verursacht. Das entschied der Bundesgerichtshof in einem am Mittwoch verkündeten Urteil. Nach dem Gesetz über Versicherungsverträge kann die Leistung bei grob fahrlässig verursachten Schäden gekürzt werden. In Ausnahmefällen sei auch eine Kürzung auf Null möglich, entschied der BGH. Das komme bei absoluter Fahruntüchtigkeit in Betracht, also ab 1,1 Promille. Nötig sei aber immer eine Abwägung der Umstände des Einzelfalles (Aktenzeichen: IV ZR 225/10).
Im konkreten Fall hatte ein 22-Jähriger auf der Rückkehr von einem Rockkonzert um kurz nach sieben Uhr morgens einen Laternenpfahl gerammt. Noch anderthalb Stunden später hatte er 2,7 Promille im Blut. Die Versicherung weigerte sich, den Schaden von 6400 Euro an seinem Auto zu ersetzen.
Der Fall hat allerdings eine weitere Besonderheit: Eine Leistungskürzung ist nach dem Gesetz nur bei grober Fahrlässigkeit möglich - nicht jedoch, wenn der Versicherte völlig unzurechnungsfähig war. Denn Fahrlässigkeit setzt Verschulden voraus, und wer unzurechnungsfähig ist, ist schuldunfähig. Das war hier nicht auszuschließen, da der junge Fahrer zum Zeitpunkt des Unfalls möglicherweise mehr als 3 Promille hatte. Ab 3 Promille wird im Allgemeinen die Schuldunfähigkeit angenommen.
Das Verschulden kann allerdings auch darin liegen, dass der Fahrer zu einem früheren Zeitpunkt - bevor er also völlig hinüber war - erkennen konnte, dass er später in schuldunfähigem Zustand heimfahren würde. Da diese Aspekte in den vorigen Instanzen nicht geprüft wurden, verwies der BGH den Fall wieder an das Oberlandesgericht Dresden zurück.