Am Haken Richtung Werkstatt - Autos richtig abschleppen

München (dpa/tmn) - Wenn der Automotor streikt und gar nichts mehr geht, hilft manchmal nur noch das Abschleppen. Dafür gelten besondere Regeln. Zum Beispiel dürfen sich sogar Minderjährige ohne Führerschein ans Steuer eines Pannenfahrzeugs setzen.

Grundsätzlich ist das Abschleppen eines Autos nur in einer echten Notfallsituation erlaubt. „Die liegt laut der Straßenverkehrsordnung vor, zum Beispiel wenn ein Fahrzeug vor Ort nicht mehr repariert werden kann“, sagt Julian Zwick vom TÜV Süd. Ein Defekt in der Elektronik oder auch ein geplatzter Kühler rechtfertigen das Abschleppen, Spritmangel aber nicht. Auch der letzte Weg Richtung Schrottplatz ist im Schlepptau gestattet. Vorausgesetzt, das Fahrzeug ist noch angemeldet, und es besteht Versicherungsschutz.

Kommt ein kaputter Wagen an den Haken, muss der Zündschlüssel beim Pannenauto im Zündschloss auf der ersten Stufe stecken bleiben, damit das Lenkradschloss nicht einrastet. Abschleppseil oder -stange müssen für das Gewicht des Pannenautos zugelassen sein. „Außerdem sollte das abzuschleppende Fahrzeug nicht wesentlich größer und schwerer als das Zugfahrzeug sein“, sagt Hubert Paulus vom ADAC.

Bei der Wahl der Abschleppvorrichtung raten Experten zur starren Stange. „Die Abschleppstange sorgt für einen konstanten Abstand zwischen beiden Fahrzeugen und verhindert, dass der Hintermann versehentlich auffährt“, erklärt Zwick. Oft sei beim Pannenfahrzeug die Bremswirkung deutlich verringert, da bei ausgeschaltetem Motor der Bremskraftverstärker zur Unterstützung fehle. Die Servolenkung arbeitet dann ebenfalls nicht, das Auto lässt sich schwerer lenken.

Ein weiterer Vorteil der Abschleppstange: Sie sorgt für eine höhere Spurtreue und damit für eine bessere Kontrolle über das Pannenauto. Dies ist zum Beispiel auf Schnee und Eis sehr wichtig. Einziger Nachteil: Abschleppstangen sind schwerer und mit Preisen ab gut 30 Euro teurer als ein Abschleppseil für rund zehn Euro.

Das Abschleppseil muss mit einer Fahne gekennzeichnet sein und sollte nicht länger als fünf Meter sein. „Es darf nie an Karosseriebauteilen wie der Stoßstange befestigt werden“, warnt Friedemann Braus von der Dekra. Nur die dafür vorgesehenen Abschleppösen am Wagen bieten eine sichere Verbindung, betont er.

Einen Führerschein braucht der Fahrer im Pannenwagen übrigens nicht, es gilt nur ein Mindestalter von 15 Jahren. Diese Regelung hält der ADAC für überholt: „Sie stammt aus einer Zeit, als es noch deutlich weniger Verkehr gab und die Fahrzeuge technisch nicht so weit entwickelt waren“, sagt Paulus.

Er empfiehlt nachdrücklich, dass am Steuer beider Fahrzeuge ausschließlich geübte Fahrer platznehmen. Auf sie kommt nämlich noch eine ungewöhnliche Extraaufgabe zu: Weil der Warnblinker während des Abschleppens bei beiden Autos ohne Unterbrechung eingeschaltet bleiben muss, müssen Richtungsänderungen per Handzeichen angezeigt werden. Beim Linksabbiegen sei das einfacher als beim Rechtsabbiegen, wobei der Fahrer am besten mit der Hand aus dem linken Seitenfenster heraus über das Autodach nach rechts deutet, empfiehlt Paulus.

Streikt nach einem Totalausfall der Fahrzeugelektrik der Warnblinker, ist das Abschleppen tabu. „In dem Fall muss das Auto verladen werden“, heißt es bei der Polizei Hamburg. Eine Ausnahme gebe es für Abschleppdienste, die mobile Rücklichtleisten einsetzen. Darüber hinaus sei ein in die Heckscheibe gestelltes Warndreieck in jedem Fall sinnvoll, es ersetze aber nicht den Warnblinker.

Ein Auto im Schlepptau muss auf dem kürzesten Weg zur nächsten Parkbucht oder Werkstatt gebracht werden. Passiert die Panne auf der Autobahn, muss die nächste Abfahrt genommen werden. Im Doppel auf eine Autobahn aufzufahren, ist verboten. Das Fahrtempo darf maximal 50 km/h betragen. Zwick rät, „nicht schneller als 40 km/h“ zu fahren.

Ob und wie weit sich ein Auto abschleppen lässt, hängt vom Getriebe ab. Handschalter sind hier unempfindlicher als Automatikmodelle, da Antriebsachse und Getriebe bei ausgekuppeltem Gang getrennt sind. „Ein Automatikfahrzeug kann dagegen auch in Stufe N nur für wenige Kilometer gefahrlos gezogen werden, sonst könnte starke Wärmeentwicklung erhebliche Schäden verursachen“, erklärt Zwick. Vereinzelte Automatikmodelle besitzen eine Funktion, mit der sich die Verbindung zwischen Antriebsachse und Getriebe kappen lässt.

Auch Elektroautos können nicht gefahrlos abgeschleppt werden, da zumeist über eine Achse Energie erzeugt wird. Fließt diese in den Akku, ohne dass an anderer Stelle Strom verbraucht wird, können die Stromspeicher überhitzen und im schlimmsten Fall Feuer fangen.