Auch von oben spielt die Musik: 3D-Soundanlagen fürs Auto
Erlangen (dpa/tmn) - Sound aus allen Richtungen: Für den optimalen Klang im Auto betreiben die Hersteller einigen Entwicklungsaufwand. Das jüngste Ergebnis für maximalen Musikgenuss während der Fahrt: der 3D-Klang.
Ein Klang wie aus der Konservendose - das ist auch im Auto längst Geschichte. Während sich Fahrer einst über einen kleinen Monolautsprecher im Armaturenbrett freuten, aus dem die Lieblingslieder von der Musikkassette knarzten, bauen die Autohersteller heute mehrere tausend Euro teure Soundsysteme ein. Die Verstärkerleistung liegt oft bei über 1000 Watt, und die Töne kommen über zig Lautsprecher. Der letzte Schrei: die dritte Dimension. Beim 3D-Musikgenuss könnte das Auto sogar ein Hifi-Vorreiter werden.
Einen Vorstoß machte im Januar Audi auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas. Der Ingolstädter Autobauer stellte dort in einem Q7 als Technikträger ein 3D-Soundsystem vor, das Audi gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen entwickelt hat. Es erzeugt laut Audi „eine Luftigkeit und Offenheit der Akustik, die dem menschlichen Hören entspricht“.
Dreidimensionaler Klang - allein der Begriff wirft Fragen auf. Im Grunde handelt es sich dabei um einen erweiterten Surround-Klang, wie Oliver Hellmuth, Leiter des Bereichs Automotive beim IIS erläutert: „Bei herkömmlichen Soundsystemen sind Lautsprecher in einer einzigen Höhe angebracht.“ Dabei entstehe ein 2D-Sound: Simuliert werde eine Bühne vor dem Zuhörer, von der Instrumente und Sänger zu hören sind. Die zweite Dimension werde durch ein Einhüllungsgefühl erzeugt - etwa durch Umgebungssignale von hinten beim Surround-Sound. „Die dritte Dimension wird durch Lautsprecher in Ohr- oder Dachhöhe realisiert.“
Im „Audi Q7 sound concept“ wurden dazu vier spezielle Lautsprecher integriert, darunter zwei Hochtöner im obersten Bereich der Dachsäule. „Das Klangbild wird um Schallreflexionen ergänzt, die von der Decke kommen“, so Hellmuth. Wie im Konzertsaal. Auch dort hallen Instrumentenklänge und Gesang von oben wider. „Mit dem 3D-Klang nähert man sich sukzessive der Realität an.“ Er sei das Optimum, das sich im Auto mit überschaubaren Kosten realisieren lasse.
Das 3D-Soundsystem mit 23 Lautsprechern und 1400 Watt Leistung will Audi 2014 auf den Markt bringen. Es basiert auf einer Anlage von Bang & Olufsen, die für den Q7 schon jetzt erhältlich ist.
Etwas weiter ist Mercedes. Für die jüngst vorgestellte neue S-Klasse können Kunden vom Audio-Spezialisten Burmester eine 3D-Anlage mit 24 Lautsprechern, ebenso vielen Verstärkerkanälen und 1540 Watt Verstärkerleistung ordern. Für den 3D-Effekt sorgen drei in den Dachhimmel integrierte Boxen.
Eine weitere Neuerung bei Mercedes ist das sogenannte Frontbass-System, bei dem das 40-Liter-Volumen von Quer- und Längsträgern als Resonanzraum genutzt wird. Konventionelle Basslautsprecher in den Türen - oft Quell störender Vibrationen - entfallen. Damit wollen die Mercedes-Ingenieure ein typisches Problem behoben haben, wenn es um den optimalen Sound im Auto geht.
Audi und Mercedes - das sind die beiden Hersteller, die derzeit mit dem Sound werben, der auch von oben kommt. Aber sie werden wohl nicht die einzigen bleiben: Das Fraunhofer-Institut IIS führt zum Thema 3D-Klang nach eigenen Angaben bereits Gespräche mit anderen großen Automobilbauern und -zulieferern. Hellmuths Einschätzung nach wird die neue Soundtechnik später außerdem nicht mehr nur in der Oberklasse, sondern auch in unteren Segmenten erhältlich sein.
Noch sind die Anlagen recht teuer: Mercedes verlangt für sein 3D-Surround-Soundsystem von Burmester 7497 Euro Aufpreis. Auch Audi-Sprecher Strohbach erwartet für das kommende Konkurrenz-System „eine Welt für sich - bei Sound und Preis“. Schon die Anlage von Bang & Olufsen ohne dritte Klangdimension kostet ab 5350 Euro extra.
Hellmuth ist überzeugt, dass 3D nach einst Dolby und Surround das nächste große Ding beim Thema Car-Hifi wird: Beim 3D-Musikgenuss sei das Auto im Vergleich zum Wohnzimmer der Vorreiter - „früher hinkte das Auto der Hifi-Entwicklung immer hinterher“.