Carsharing soll flexibler werden
Hannover (dpa/tmn) - Die Idee ist simpel, die Umsetzung eher schwierig: Gelegenheits-Autofahrer können mit Carsharing Geld sparen und gleichzeitig die Umwelt schonen. Doch bisher liegt die Teilnehmerzahl weit unter den Erwartungen.
Einige Innovationen könnten das ändern.
Wer selber kein Auto besitzt, teilt es sich mit anderen. In Familien und Wohngemeinschaften gibt es das sowieso, beim Carsharing wird die Idee auf Stadtteile oder ganze Städte ausgeweitet. Teilnehmer melden sich einfach beim örtlichen Carsharing-Betreiber an und erhalten eine Chipkarte oder Ähnliches. Damit lassen sich dann Autos fahren, die an einem oder mehreren zentralen Stellplätzen warten. Die Fahrzeugpalette reicht je nach Betreiber vom Zweisitzer bis zum Kleintransporter.
Bezahlt werden beim Carsharing nur die Kilometer, die auch wirklich gefahren werden; dazu gibt es bei manchen Anbietern je nach Tarif noch eine monatliche Grundgebühr. Zielgruppe sind nicht Berufspendler oder andere, die jeden Tag ein Fahrzeug brauchen. In Betracht kommen eher Stadtbewohner, die normalerweise öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad benutzen. „Carsharer nutzen die Autos vor allem für Großeinkäufe und Wochenendausflüge“, sagt Dirk Bake vom Bundesverband Carsharing (BCS) in Hannover.
Verschiedenen Studien zufolge gibt es in Deutschland ungefähr 1,5 Millionen potenzielle Carsharing-Kunden. Davon sind die realen Zahlen aber weit entfernt. Die jährlichen Wachstumsraten liegen zwar im zweistelligen Bereich, doch zurzeit gibt es nach BCS-Angaben deutschlandweit nur etwa 158 000 Teilnehmer. Dabei gibt es Carsharing mittlerweile in jeder Stadt mit mehr als 200 000 Einwohnern. Die meisten Anbieter sind kleine oder regionale, die nur eine einzelne Stadt oder Region bearbeiten. Bundesweit größter Anbieter ist die Deutsche Bahn („DB Carsharing“).
Ist Carsharing also nur ein Nischenmarkt? Nein, findet Michael Creutzer, Geschäftsführer bei Teilauto, Carsharing-Betreiber unter anderem in Dresden und Leipzig. Ein Problem räumt er allerdings ein: das spezielle Verhältnis des Deutschen zu seinem Auto. „Vielen widerstrebt die Idee, sich ein Auto mit anderen zu teilen. Nach dem Motto: Da soll nur mein Mief drin sein.“ Hinzu komme mangelnde Aufklärung: Viele Kunden seien erstaunt, wie einfach Carsharing sei.
Offenbar ist das Konzept aber noch nicht einfach genug. Denn bisher müssen Kunden ihr Auto noch immer vorher buchen, irgendwie zum Stellplatz kommen und das Auto nachher auch wieder dahin zurückbringen. „Es gibt einige Bereiche, wo wir in Zukunft noch etwas ändern können“, sagt Creutzer. Dazu gehört zum Beispiel die Open-End-Buchung: Dabei müssen Kunden keinen verbindlichen Abgabetermin angeben.
Das Teilen von Autos komfortabler macht zum Beispiel „Instant Access“ - also ohne Buchen einfach einsteigen und losfahren. Dem Kunden entgegen kommt auch „One-Way-Carsharing“. Dabei lässt man das Auto am Zielort einfach stehen. Während diese Optionen noch Mangelware sind, bieten viele Betreiber zum Beispiel „Apps“ für Smartphones. Damit lassen sich Autos von unterwegs buchen.
Mit Flexibilität begegnet etwa die Daimler-Tochter Car2go ihren Kunden: Die Autos stehen überall im Stadtgebiet verteilt, können jederzeit mit einer Kundenkarte geöffnet und gestartet werden. Und sie dürfen am Ankunftsort stehen bleiben. Bisher gibt es Car2go aber erst in Ulm und neuerdings auch in Hamburg. Außerdem gibt es bei Car2go nur zweisitzige Smarts - bei anderen Firmen ist die Auswahl größer. „Wir sind keine Konkurrenz zu anderen Carsharing-Anbietern“, sagt Andreas Leo von Car2go. „Wir verstehen uns als weitere Ergänzung zu Carsharing und Nahverkehr.“
Auch Michael Creutzer von Teilauto geht davon aus, dass sich langfristig eine Mischung aus der herkömmlichen Carsharing-Form und der Variante von Car2go etablieren wird. Dabei könnten kleine, jederzeit verfügbare Autos überall im Stadtgebiet bereit stehen und größere Autos oder Transporter an Sammelpunkten. Diese Mischung würde andere Fortbewegungsmittel ideal ergänzen: „Großstädter werden in Zukunft viel zu Fuß gehen, Fahrrad und Bus fahren - und Carsharing wird dann für Strecken genutzt, für die das nicht reicht.“
Der Fachbegriff dafür lautet „Multimodalität“. Sascha Baron vom Institut für Mobilität und Verkehr an der Technischen Universität Kaiserslautern glaubt: „Carsharing wird in Städten künftig eine große Rolle spielen.“ Denn auch das Verhältnis zum eigenen Auto wandele sich allmählich: „Jungen Leuten ist es heute wichtig, dass sie zu jeder Zeit von A nach B kommen - wie das genau funktioniert, ist erstmal egal.“