Die neuen Modelle: Maxi-Roller liegen im Trend
Essen/München (dpa/tmn) - Kleinroller mit 50 Kubikzentimeter Hubraum stehen in der Beliebtheitsskala ganz oben. Technische Neuerungen gibt es aber kaum. Bewegung herrscht dagegen in der Klasse der Großroller - ein Segment, in dem künftig auch BMW mitmischen will.
Beim Stichwort Motorroller denken die meisten an kleine Stadtflitzer. Jene praktischen Zweiräder mit 50-Kubikzentimeter-Motor, die gerade schnell genug sind, um im Stadtverkehr gut mithalten zu können. Hersteller und Kunden liebäugeln aber längst auch mit stärkeren und luxuriöseren Exemplaren. Dabei spielen auch alternative Antriebe eine Rolle.
Bereits 2009 hatte der italienische Hersteller Piaggio das Hybrid-Dreirad MP3 mit 125 Kubikzentimeter großem Verbrenner plus Elektromotor eingeführt. Neuerdings ist das eigenwillige Mobil, für das ein Autoführerschein ausreicht, auch mit 300 Kubikzentimeter großem Einzylinder-Viertakter und 18 kW/25 PS zu haben. Aber nicht zum Schnäppchenpreis, denn für den MP3 Hybrid LT 300 i.e. sind knapp 9200 Euro fällig. Zum Vergleich: Für den Großscooter Beverly in der 300er-Version mit konventionellem Verbrennungsmotor und zwei Rädern verlangen die Italiener weniger als die Hälfte - rund 4400 Euro.
Auf die wachsende Nachfrage nach Großrollern reagiert auch die Motorradabteilung von BMW: Nach dem mäßigen Erfolg des überdachten C1 bereiten die Münchner gerade ihre Rückkehr ins Roller-Geschäft vor. Die Serienausführung des 2010 vorgestellten Big-Scooters „Concept C“ soll auf der Motorradmesse Eicma im November in Mailand enthüllt werden. „Zwei Versionen wird es geben: eine sportliche und eine, die eher Tourer ansprechen soll“, kündigt BMW-Sprecher Rudolf-Andreas Probst an. Angetrieben werden beide Ausführungen von Zweizylinder-Motoren. Der Hubraum ist laut Probst an der Spitze des Segments angesiedelt und dürfte demnach rund 650 Kubikzentimeter messen. Eine Version mit Elektromotor soll bis spätestens 2015 folgen.
Mit seinem neuen Großroller wird BMW auf einem florierenden Markt vorfahren: Allein Piaggio bietet ein gutes Dutzend Modelle mit mehr als 125 Kubikzentimetern Hubraum an. Suzuki hat den Burgmann mit Motoren bis 650 Kubikzentimeter im Programm. Mit dem People GT 300i erweiterte der taiwanesischen Hersteller Kymco erst vor wenigen Monaten sein Portfolio. Peugeot bietet den Geopolis 300 an, Honda unter anderem den neuen SW-T600 sowie den optisch und technisch aufgewerteten SH300i. Bei Yamaha heißen die Maxi-Scooter X-Max, X-City, Majesty und TMax. Neue Maßstäbe im Rollersegment hat Gilera mit dem GP 800 gesetzt: In diesem Roller entwickelt ein V2-Motor mit stattlichen 840 Kubikzentimetern Hubraum 51 kW/69 PS.
Dass die wachsende Zahl an Großroller-Kunden zulasten der Motorradverkäufe geht, glaubt Achim Marten vom Industrie-Verband Motorrad (IVM) nicht. „Das sind eher Umsteiger, die etwas mehr Komfort haben wollen, ohne dabei aufs Zweiradfahren verzichten zu müssen.“ Dank technischer Vorzüge wie einem Automatikgetriebe und der entspannten Sitzposition könnten sie es gemütlicher angehen lassen.
Anders als bei den Großrollern sieht es am unteren Ende des Scooter-Segments aus: bei den 50-Kubikzentimeter-Rollern. Neue, innovative Modelle gibt es dort kaum. Dennoch boome der Markt, stellt Günter Wimme vom Fachmagazin „Scooter & Sport“ fest: „Wirklich verlässliche Zahlen gibt es nicht, weil Kleinroller nicht zugelassen werden müssen. Wir gehen aber von rund 100 000 neuen 50er-Rollern pro Jahr in Deutschland aus.“
Die Hälfte davon wird laut Wimme in Baumärkten gekauft - ein Lotteriespiel, wie er sagt. „Für 500 bis 600 Euro kann man keine Qualität erwarten.“ Dennoch halte der Baumarkt-Trend seit rund fünf Jahren an, den auch der IVM mit Sorge beobachtet. „Der Nachservice ist meist sehr schwierig“, sagt Marten. Viele Käufer würden daher früher oder später doch beim Fachhändler landen. Mindestens 1000 Euro müssten in einen vernünftigen Kleinroller investiert werden.
Neben der Grundsatzfrage „Zwei- oder Viertakter“ haben Kunden beim Antrieb inzwischen eine weitere Option: den Elektromotor. Einen neuen stromgetriebenen Stadtroller bietet zum Beispiel Peugeot ab dem Sommer mit dem e-Vivacity an. „Das ist sicherlich ein E-Roller, der mehr kann als Modelle, die aus China kommen“, stellt Wimme fest. Diese seien zumeist mit „billigster Haushaltstechnik“ ausgestattet. Der Elektroroller der Franzosen soll rund 3600 Euro kosten, die Reichweite pro Akkuladung wird mit bis zu 60 Kilometer angegeben.
Im Mai bringt Peugeot mit dem Jetforce H2i noch einen neuen 50-Kubikzentimeter-Zweitakter auf den Markt. Damit wenden sich die Franzosen gegen den Trend zu Viertaktmotoren. „Die verbrauchen zwar rund einen Liter weniger Sprit als Zweitakter, haben aber auch weniger Leistung“, erläutert Wimme.
Interessenten für einen Kleinroller rät der Experte, sich auch nach gebrauchten Fahrzeugen umzusehen: „Die Qualität war in den 90er Jahren besser. Da war ein Kleinroller nicht unter 4000 Mark zu haben.“ Der Preisverfall der vergangenen Jahre mache sich bei der Qualität bemerkbar.