Die Premieren der Tokio Motor Show
Tokio (dpa/tmn) - Der Markt war nach Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe zusammen gebrochen und die Stimmung mehr als gedrückt. Aber den Mut haben die japanischen Hersteller nicht verloren - abzulesen an den vielen Neuheiten auf der Motorshow in Tokio.
Das Trauerspiel ist vorbei, und die Musik spielt wieder lauter - so präsentiert sich die gebeutelte japanische Automobilindustrie bei ihrem Heimspiel auf der Motorshow in Tokio (Publikumstage 3. bis 11. Dezember). Zwar gibt es keine großen Sensationen. Doch „nach einer langen Durststrecke mit vielen negativen Schlagzeilen und unternehmerischen Rückschlägen zeigen sich die heimischen Hersteller wieder erstarkt und mit frischen Ideen“, sagt Professor Franz-Rudolf Esch, der das Automotive Institute for Management (AIM) in Oestrich-Winkel leitet.
Besonders deutlich werde das an Toyota und Mazda: „Beide Marken haben aus der Vergangenheit gelernt und besinnen sich eines emotionaleren Designs“, lobt der AIM-Leiter. Für diese Linie steht etwa der Sportwagen GT-86 am Toyota-Stand mit einem 147 kW/200 PS starken Boxer-Motor und Heckantrieb. Er soll die Spur des legendären Celica aufnehmen, ein erfolgreiches Sport-Coupé der Marke, das bis 2005 gebaut wurde. Beim Allianz-Partner Subaru ist der neue Sportwagen als Zwilling mit dem Namen BRZ zu sehen. Weniger spektakulär kommt der Hybridkleinwagen Toyota Aqua daher, der im Frühjahr als Yaris nach Deutschland kommt.
Unter den Neuheiten von Mazda sticht die Studie Takeri hervor. Laut Chefentwickler Hirotaka Kanazawa gibt sie bereits einen konkreten Ausblick auf den neuen Mazda6, der noch 2012 in den Handel kommen soll. „Für Europa dann natürlich auch wieder als Kombi“, ergänzt ein Sprecher. Technisch wird auch der Mazda6 genau wie der gerade vorgestellte CX-5 das Skyactive-Paket nutzen. Es bietet eine Leichtbau-Konstruktion mit etwa 100 Kilo Gewichtsvorteil, neue Motoren und neue Getriebe. Beim Mazda6 soll auch ein System zur Bremskraftrückgewinnung den Spritdurst zügeln. Allein dadurch sind laut Kanazawa Einsparungen von bis zu zwölf Prozent möglich. Als Diesel komme der Mazda6 auf etwa nur noch vier Liter.
Auch bei Honda ist in Tokio frischer Elan zu spüren. Neue Serienmodelle für den europäischen Markt hat der drittgrößte japanische Herstellern zwar nicht zu bieten. Aber ein kleiner elektrischer Roadster gibt dem Unternehmen zufolge einen Vorgeschmack auf einen bezahlbaren Open-Air-Sportwagen. Und aus dem blütenweißen Luxusliner ASX mit Plug-In-Hybrid-Antrieb, ebenfalls zu sehen, könnte bald ein neues Flaggschiff werden.
Am anderen Ende der Palette sind Nissan und Mitsubishi aktiv: Nissan nähert sich mit der Studie Pivo3 einem elektrischen Kleinwagen für die Großstadt an, der in zwei, drei Jahren in Serie gehen könnte. Er hat drei Sitze, ist nur rund drei Meter lang und kann alle vier Räder soweit einschlagen, dass ihm vier Meter für eine komplette Wende genügen. Und Mitsubishi zeigt mit dem Mirage den Nachfolger des Colt. 3,71 Meter lang und deutlich runder gezeichnet, soll er in der japanischen Norm mit seinem 1,0 Liter großen Dreizylindermotor mit etwa 3,3 Litern auskommen.
Während auch die deutschen Hersteller früher in Tokio groß aufgefahren haben, geben sie sich diesmal zurückhaltend. Audi zeigt als Neuheit lediglich den fünftürigen A1 Sportback. BMW enthüllt die Serienversion des 5er Hybrid, die im Frühjahr mit 250 kW/340 PS Systemleistung, vier Kilometern elektrischer Reichweite und einem Normverbrauch von 6,4 Litern (CO2-Ausstoß 149 g/km) antritt. Und Mercedes hat gar nichts Neues zu bieten.
VW dagegen feiert gleich zwei Weltpremieren: Die des Passat Alltrack mit erhöhter Bodenfreiheit, Allradantrieb und Anbauteilen im Offroad-Design. Anfang 2012 geht der Wagen in den Verkauf. Und als Showeffekt zeigt VW die Studie CrossCoupé. Die sportliche Kreuzung aus Coupé und Geländewagen gibt laut Designer Marc Lichte einen Ausblick auf die neue Formensprache der Wolfsburger und ist technisch ein Vorbote der nächsten Golf-Plattform. Die Studie treiben gleich drei Motoren an: ein Benziner und zwei Elektromotoren, von denen einer an der Hinterachse ansetzt, wenn Allradantrieb gefragt ist. 45 Kilometer elektrische Reichweite und ein Normverbrauch von 2,7 Litern würden sich auch im nächsten Tiguan nicht schlecht machen.
Dass die Importeure auf der Tokio Motor Show relativ wenig Neues zu bieten haben, liegt vor allem an ihrem extrem geringen Marktanteil: „Nur sechs Prozent der Neuwagen in Japan kommen aus dem Ausland. Da ist es kein Wunder, dass Ford, Mercedes oder Volvo ihre großen Premieren auf anderen Messen feiern“, sagt Analyst Shigeki Enya vom Marktbeobachter Jato Dynamics in Tokio.