Die volle Ladung - Kombis trotzen dem Trend zu Van und SUV

Wolfsburg/Brühl (dpa/tmn) — Sie sind nicht so modisch wie ein SUV und nicht so variabel wie ein Van — aber Klassiker unter den praktischen Autos: Kombis. Jetzt nehmen die Lademeister bei den Kunden wieder Fahrt auf.

Sie sind die eigentlichen Helden des Autofahreralltags. Auch wenn ihnen Vans, Geländewagen und Crossover-Neuheiten manchen Kunden abspenstig machen, stehen Kombis bei Familienvätern und Vielfahrern seit Jahrzehnten hoch im Kurs. Möbelmarkt, Baumarkt, Urlaub, Großeinkauf — „wo immer es was zu verstauen gibt, reißen sie bereitwillig die große Klappe auf“, beschreibt Nick Margetts vom Marktforscher Jato Dynamics salopp das einladende Wesen dieser Fahrzeuggattung. „Und das kommt bei den Kunden weiterhin gut an.“

Belegen lässt sich diese Vorliebe laut Margetts auch ganz nüchtern in Zahlen. So habe der Verkaufsanteil von Kombis in der Mittelklasse 2012 bei 67 Prozent gelegen. „Und in vielen Baureihen wie Audi A6 oder Opel Insignia werden längst mehr Lademeister als Limousinen verkauft.“ Bei 70 und 74 Prozent lägen die Anteile bei diesen Modellen. Da wundert es nicht, dass die Hersteller sich der Gattung Kombi verstärkt widmen: Allein in diesem Frühjahr kündigt sich in volumenstarken Segmenten ein halbes Dutzend Neuheiten an, die teils allerdings erst in einem Jahr in den Handel kommen.

Eine Sonderstellung nimmt dabei der neue Dacia Logan MCV ein: Mit einem Grundpreis von 7990 Euro werde der ab Sommer lieferbare Wagen zum günstigsten Kombi der Republik, kündigt die Renault-Tochter an. Lieferbar mit zwei Benzinmotoren mit 55 kW/75 PS oder 66 kW/90 PS und einem 66 kW/90 PS starken Diesel, bietet er bei 4,49 Metern Länge ein Kofferraumvolumen von 573 Litern. Die maximale Ladelänge beträgt 2,70 Meter, wenn Rückbank und Beifahrersitz umgelegt sind.

Ebenfalls in der Kompaktklasse, aber zum mehr als doppelt so hohen Preis startet die zweite wichtige Kombi-Premiere des Jahres: der neue Golf Variant. Im Sommer soll er für mindestens 18 950 Euro zu den Händlern kommen, teilt VW mit. Der Variant hat im Vergleich zur Limousine 31 Zentimeter mehr Überhang am Heck und einen entsprechend größeren Kofferraum. Das Gepäckabteil des mit vier Benzinern und drei Dieseln mit 63 kW/85 PS bis 110 kW/150 PS Leistung lieferbaren Kombis fasst bei aufrechten Rücksitzen 605 Liter und ist auf 1620 Liter erweiterbar. Der Vorrgänger hat nur 505 Liter Ladevolumen.

Bei Preis und Stauraum steht der aus dem gleichen Baukasten konstruierte Octavia Combi der VW-Tochter Skoda besser da: Mit 16 640 Euro ist er ein ganzes Stück günstiger als der Golf Variant. Und im Datenblatt stehen 610 Liter bis 1740 Liter Ladevolumen. Die Markteinführung soll noch vor den Sommerferien erfolgen.

Die Beliebtheit von Kombis in Europa spornt auch japanische Hersteller an: Erstmals hat Toyota vom Auris einen Ableger mit großer Klappe und 530 Litern Kofferraumvolumen entwickelt, der im Juli an den Start geht. Er komme spät, habe aber ein Alleinstellungsmerkmal, sagt Toyota-Sprecher Henning Meyer: „Als erster Kombi in diesem Segment gibt es den Auris Touring Sports auch mit Hybridantrieb.“

Honda legt sein Kompaktklassemodell Civic ebenfalls als Kombi auf. Zwar stand der Civic Tourer auf dem Genfer Autosalon im März nur als Studie. „Doch auf der IAA im September zeigen wir das Serienmodell, und Anfang 2014 startet der Verkauf“, verspricht Pressesprecher Stefan Beckmann.

Trotz großer Experimentierfreude der Hersteller mit Karosserieformen müsse niemand um die Zukunft des Kombis bangen, sagt Marktforscher Margetts. „Auch wenn die Segmentierung des Fahrzeugangebots stetig voranschreitet und mit Autos wie dem Mercedes CLS Shooting Brake oder dem 3er GT von BMW neue Alternativen zum klassischen Kombi kommen, wird es für Kombis immer noch genügend Kunden geben“, ist er überzeugt.

Womöglich werden es in Zukunft sogar noch deutlich mehr: Zwar ist der Kombi bislang vor allem ein europäisches Phänomen, in Amerika nur eine Randerscheinung und in China nahezu unverkäuflich. Doch im fernen Osten ändere sich langsam der Geschmack, sagt Volker Steinwascher. Der ehemalige VW-Manager leitet die neue China-Marke Qoros und hat in Genf einen ersten Vorstoß gemacht: mit der Studie eines schmucken Lademeisters für die Golf-Klasse. Das Auto ist neben Deutschland auch für das Reich der Mitte gedacht.

Steinwascher ist guter Dinge, dass der gezeigte Kombi bis zur Markteinführung in zwei, drei Jahren auch in Peking punkten kann: „Der europäische Geschmack steht bei den Chinesen schließlich hoch im Kurs.“ So, wie die Reichen von Luxuslimousinen und Sportwagen schwärmen, könnte sich nach Steinwaschers Einschätzung die wachsende Mittelschicht bald auch mit den Lademeistern anfreunden.