Essen Motor Show: Wo Automobile nicht nur Autos sind
Samstag öffnet die Tuning-Messe Essen Motor Show ihre Pforten. Bis zum 4. Dezember erwarten mehr als 500 Aussteller rund 300 000 Besucher. Sonderausstellungen gibt es von Ferrari und zum VW Golf GTI.
Essen. Dieselskandal, Feinstaubbelastung, Spritverbrauchangaben — all diese Themen treten rund um Essen in den nächsten Tagen in den Hintergrund. Für PS-Jünger ist ab Samstag die Ruhrmetropole der Nabel der Automobilwelt. Bis zum 4. Dezember (Öffnungszeiten: Samstag/Sonntag 9 bis 18 Uhr, Montag bis Freitag 10 bis 18 Uhr) werden 300 000 Besucher bei der Tuning-Messe Essen Motor Show erwartet. Mehr als 500 Aussteller präsentieren ihre sportlichen Serienfahrzeuge, alles rund um Tuning, Motorsport und Oldtimer. Ein Höhepunkt ist die Sonderausstellung zum Thema 70 Jahre Ferrari. Aber auch dem VW Golf GTI wird mit einer Sonderausstellung gehuldigt. Den schnellen Kompaktwagen gibt es immerhin seit 40 Jahren.
Wer die Messehalle West betritt, beginnt gleich eine automobile Zeitreise. 15 Ferraris aus verschiedenen Epochen sind zu sehen — garniert mit zwei Fiats aus den 1930er Jahren. Das wiederum ist dem damaligen Arbeitgeber von Firmengründer Enzo Ferrari geschuldet. Beide Alfas stehen übrigens zum Verkauf. Der Alfa Romeo 6c soll eine Million Euro kosten, sein kleiner Bruder immerhin 500 000 Euro. Kleiner Trost: Um den originalen Lack nicht zu ruinieren, dürfen die beiden Autos auf keinen Fall geputzt werden. Preislich nehmen sich die zwei Oldtimer geradezu bescheiden gegen einen Maserati-Sportwagen aus den 1950er Jahren aus. Für diesen sind fünf Millionen Euro aufgerufen.
Eher unverkäuflich ist dagegen ein Formel-1-Rennwagen, den der Schweizer Clay Regazzoni 1974 pilotiert hat: ein Ferrari 312. Mit diesem formschönen Boliden hat Regazzoni damals nicht nur die Vizeweltmeisterschaft errungen — sein Sieg mit dem F 312 auf dem legendären Nürburgring macht Fahrer und Rennwagen zu einem Teil der Formel-1-Geschichte.
Bei aller Andacht vor der Historie des Automobilsports wird der Besucher hundert Meter weiter schnell in die Gegenwart zurückkapituliert. An den meisten Ständen ist Tuning das Thema, die Adjektive der Branche lauten nach wie vor „tiefer, breiter, schneller“. Fehlt eigentlich nur noch „lauter“, so mancher Rennauspuff hat unglaubliche Ausmaße. Bei Tuningfans ist es scheinbar nicht diskussionswürdig, ob ein straßenzugelassenes Fahrzeug statt 490 PS besser 550 PS hat. Wie das funktioniert und was es kostet, zeigen sämtliche Tuner mit Rang und Namen, die auf der Messe vertreten sind — und sich weiter regen Zulaufs sicher sein können.
Zum Tuning gehört natürlich auch die Optik. Möglichst breite Kotflügel sind gefragt, aber auch Sprühfolien für Muster, die auch von „etwas weniger begabten Heimwerkern“ aufgetragen werden können, wie Harald Schmidtke, Geschäftsführer des Tuningverbandes erklärte. Nach seinen Angaben erwirtschaftet die Tuning-Branche einen Jahresumsatz in Höhe von 700 Millionen Euro.
Freilich gibt es auch viele Angebote, die nicht auf vier Rädern stehen. Kleidung aller Art, Mützen mit Logos von Rennställen, Bücher über Formel-1-Legenden wie Ayrton Senna, Jim Clark oder Juan Manuel Fangio. Und immer wieder Veröffentlichungen über Tourenwagenfahrer vergangener Zeiten. Doch wieder auf vier Rädern stehend, aber offenbar in ihrer Anziehungskraft ungebrochen, locken unzählige Modellautos große und kleine Besucher an. Bei so manchem Modell heißt es aber wohl „Finger weg“ für Kinder. Manches Sammlerstück kostet schnell 100 Euro und mehr — und ist eben nicht zum Spielen geeignet.
Wer durch die Messehallen schlendert, hat schnell den Eindruck, dass hier ein Automobil nicht einfach ein Auto ist. Egal ob blank polierte Neuwagen oder liebevoll restaurierte Oldtimer — die Fahrzeuge werden geschickt in Szene gesetzt. Und laden — allen Klischees folgend — in erster Linie Männer zum Träumen ein.