Innere Werte erhalten - Kunststoffpflege bei Oldtimern
Berlin (dpa/tmn) - Kunststoff ist im Autobau seit den 1960er Jahren eines der meistverwendeten Materialien für den Innenraum. Doch er hält nicht ewig. Der Verfall lässt sich bestenfalls verzögern, aber nicht verhindern.
Ein Spalt im Lenkrad, verbogene Handschuhfachklappen oder Risse in den Kunstleder-Sitzbezügen: Solche Schäden treten bei Autos in der Regel erst im gehobenen Fahrzeugalter auf. Nach Jahren tritt dann deutlich zutage, was UV-Strahlung und Temperaturunterschiede den Kunststoffen im Auto anhaben können. Die Alterung lässt sich nur bedingt aufhalten.
Kunststoff gehört seit den 1960er Jahren zu den meistverwendeten Materialien bei der Ausstattung von Fahrzeuginnenräumen. Als Armaturenbrett, Hutablage, Lenkrad, bei den Türgriffen oder Sitzbezügen findet er sich in vielen Old- und Youngtimern wieder.
Typische Alterserscheinungen treffen bessere wie auch die in Brot-und-Butter-Autos verbauten billigeren Materialien. Als Beispiele nennt Jürgen Bühring, Leiter der Entwicklung bei der Benecke-Kaliko Group, einem Unternehmen, das Kunstleder-Produkte für die Automobilbranche herstellt, Risse in der Oberfläche der Instrumententafel, im Bezugsmaterial von Sitzen oder an Schaltsäcken. „Verzogene Kunststoffabdeckungen oder farbliche Veränderungen der Kunststoffoberflächen sind nur einige Anzeichen für die veränderte Substanz“, erläutert Bühring.
Die Symptome für die Alterung sind vielfältig. „Weich-PVC wird durch das Verdampfen der früher verwendeten Weichmacher hart, spröde und rissig“, erklärt Volker Wachtendorf von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). „Das kann zu schmierigen Oberflächen und Geruchsbelästigungen im Innenraum des Autos führen.“ Daneben geht die Alterung bei allen Kunststoffen mit Zerfallsprozessen einher. Das zeigt sich, wenn etwa PVC-Schaum in Polstern zu Staub zerfällt.
„In den meisten Fällen beginnt die Schädigung auf der Oberfläche mit Mattwerden, Vergilben oder Vergrauen“, beschreibt Wachtendorf die ersten Anzeichen von Schäden durch Sonneneinstrahlung. Auch hohe Luftfeuchtigkeit und Nässe könnten zum beschleunigten Zerfall einiger Kunststoffe oder zum Befall durch Schimmelpilze führen. Auch mechanische Belastung wie Abrieb treibt Alterungsschäden voran.
Handelt es sich um Schäden an der Kunststoffummantelung von Lenkrädern, lassen sich diese laut Gundula Tutt gut beheben. Sie ist Oldtimer-Restauratorin in Vörstetten-Schupfholz nahe Freiburg. Patentrezepte zum Ausbessern gebe es aber nicht. Als wichtigste vorbeugende Maßnahme empfiehlt sie, den Oldtimer in der Garage abzudecken.
Ein Fahrzeug ist demnach bei Lagerung im Dunkeln, bei niedrigen konstanten Temperaturen, mäßiger Luftfeuchtigkeit und möglichst wenig mechanischer Belastung am besten konserviert. „Die Vermeidung von direktem Sonnenlicht oder Hitze ist hilfreich“, erklärt die Spezialistin. „Allerdings hilft ein solch schonender Umgang lediglich, den Prozess möglichst lange hinauszuzögern.“ Irgendwann ist dann ein Austausch des entsprechenden Teils nicht mehr zu vermeiden.
Blinkerabdeckungen oder Schaltknäufe können in einer Form neu gegossen werden, die man von einem Originalteil abnimmt. In Zukunft könnte auch 3D-Druck als Verfahren für individuelle Nachfertigungen interessant werden, vermutet die Restauratorin. Auch Schaumstoffe könnten auf diese Art nachgefertigt werden, sofern noch Vorlagen oder Abmessungen als Vorgaben vorhanden sind.