Kratzen ohne Reue - Autoscheiben schonend von Eis befreien
München/Stuttgart (dpa/tmn) - Frieren im Winter die Autoscheiben zu, heißt es Eis kratzen - aber nicht irgendwie: Schließlich soll der Wagen dabei heile bleiben. Hier die wichtigsten Tipps rund um Schaber, Entfroster und Co.
Wisch und weg - so einfach klappt es mit dem Eiskratzen meist nicht. Eine zarte Frostschicht lässt sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt noch ohne große Mühe von den Autofenstern schieben. Doch bei klirrender Kälte oder überfrorenem Regen wird es schwierig. Wer einer harten Eiskruste mit dem falschen Werkzeug zu Leibe rückt oder beim Kratzen zu viel Kraft einsetzt, verursacht Macken im Glas. Experten erklären, wie Autofahrer die Scheiben schonend freibekommen:
Das passende Werkzeug: Gute Eiskratzer bestehen aus stabilem Kunststoff. Sie haben eine Sägezahnkante, um eine dicke Eisschicht aufzurauen, eine glatte Eisschiebekante und zum Teil eine Gummilippe, um einen Wasserfilm vom Glas zu schieben, erklärt Thomas Schuster von der Sachverständigenorganisation KÜS.
„Bloß keine Eiskratzer oder andere Werkzeuge aus Metall - wie Spachtel - verwenden“, warnt Vincenzo Lucà vom TÜV Süd. „Damit verkratzen Sie die Autoscheiben extrem schnell.“ Er empfiehlt Eiskratzer mit Griff. An einigen Modellen ist noch ein Handschuh angebracht, der vor kalten Fingern schützt, wenn Eisspähne herumwirbeln. Der Griff am Kratzer sollte aber nicht zu lang sein, schränkt Rainer Hillgärtner vom Auto Club Europa (ACE) ein: „Die schlechte Hebelwirkung erschwert dann die Arbeit.“
Entfroster verwenden: Wer eine hartnäckige Eisschicht mit Scheibenentfroster vorbehandelt, erleichtert sich das Kratzen. Schuster rät zu Sprays mit hohem Alkoholanteil auf Glykol-Basis. „Die haben eine hohe Auftauwirkung, greifen weder die Scheibenwischergummis noch den Lack an, und sie schmieren nicht so sehr.“ Heißes Wasser ist kein geeignetes Auftaumittel, betonen alle Experten: Durch den großen Temperaturunterschied können sich Spannungsrisse im Glas bilden.
Die richtige Technik: Am besten kratzen Autofahrer Eis auf Front- und Heckscheibe systematisch ab: „In einem flachen Winkel mit sanftem Druck immer vom Rand zur Mitte und das von oben nach unten - das ist am effizientesten“, sagt Lucà. „Schaben Sie nicht hin und her und vermeiden Sie kreisende Bewegungen.“ Schmutzpartikel können sonst wie Schmiergelpapier wirken und Riefen im Glas hinterlassen. Wichtig ist auch, Abstand zu den Dichtungsgummis zu halten, um sie nicht versehentlich mit dem Eiskratzer einzuritzen. Liegt Schnee auf den überfrorenen Scheiben, sollte er zunächst mit einem Handfeger heruntergeschoben werden.
Kratzern vorbeugen: Eine saubere Scheibe verkratzt beim Enteisen nicht so schnell wie eine verschmutzte. Außerdem haftet das Eis darauf nicht so fest. Schuster rät deshalb, beim Abstellen eines Autos unter freiem Himmel noch einmal kurz die Scheibenwaschanlage zu betätigen. Weiterer Vorteil: Das frische Frostschutzmittel in den Düsen hält diese eisfrei. Der Frostschutz im Waschwassertank sollte dem ADAC zufolge mindestens für Außentemperaturen bis minus 25 Grad reichen.
Scheibenwischer ablösen: Sind die Scheibenwischer angefroren, ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Von oben vorsichtig auf die Wischerarme drücken, dadurch bricht das Eis. Dann lassen sie sich hochklappen und von Eisresten befreien“, erläutert Lucà. „Niemals nur an den Wischern ziehen, die feine Gummilippe reißt dabei leicht ab.“ Dasselbe könne passieren, wenn die angefrorenen Scheibenwischer angeschaltet werden.
Handarbeit statt heizen:Um eine Eiskruste vollständig abzutauen, eignet sich weder das Fahrzeuggebläse noch die Heckscheibenheizung. „Da hilft nur Handarbeit“, so Lucà. Gerade das Heizsystem in der Heckscheibe sei ein echter Stromfresser. „Bei einer geschwächten Batterie fehlt dann womöglich die Energie, um den Motor zu starten.“ Und damit aus dem Gebläse warme Luft strömt, muss der Motor laufen - das ist zum Auftauen eines Autos aus Umweltschutzgründen verboten. „Steht ein Fahrzeug immer draußen, lohnt eventuell das Nachrüsten einer Standheizung“, gibt KÜS-Prüfingenieur Schuster zu bedenken.
Freie Sicht: Erst wenn die Scheiben und auch die Scheinwerfer komplett vom Eis befreit sind, dürfen Autofahrer losfahren. „Ein kleines Guckloch reicht nicht“, mahnt ACE-Sprecher Hillgärtner. Vorher sollte auch der Scheibenwischer nicht eingeschaltet werden: Rubbeln die Wischergummis über scharfkantige Eisreste, gehen sie schnell kaputt und verursachen Schlieren. „Nach dem Motorstart die Lüftung auf höchster Stufe auf die Frontscheibe stellen und die Klimaanlage einschalten, denn die entfeuchtet die Luft im Wagen und hilft, die Scheiben beschlagfrei zu halten“, ergänzt Schuster. Übrigens: Gut geputzte Scheiben neigen weniger zum Beschlagen.
Folie gegen Frost: Wer sich das Eiskratzen weitestgehend sparen will, kann mit einer Spezialfolie vorbeugen. „Die sollte reißfest sein und Flügel an den Seiten haben, die in die Fahrzeugtüren eingeklemmt werden und verhindern, dass sie verrutscht oder weggeweht wird“, erklärt Hillgärtner. Ein Stück Pappe ist keine Alternative, sagt Lucà: „Die weicht durch, friert auf der Scheibe fest - und dann haben Sie richtig viel Arbeit, um die Papierreste abzubekommen.“ Wer seinen Wagen sehr nah an einem Gebäude parken kann, stellt ihn am besten mit der Windschutzscheibe zur Hauswand hin ab, rät der TÜV-Sprecher. „Da bleibt die Scheibe meist auch eisfrei.“