Mit 0,8 Promille am Steuer: Simulator soll junge Leute abschrecken

München (dpa) - Seit 1993 will die Kampagne „Wer fährt, bleibt nüchtern“ junge Leute vom Alkohol am Steuer abhalten - mit „Promille-Brillen“ und Alkoholfahrten im Simulator. Jetzt ist auch Verkehrsminister Ramsauer als Schirmherr mit im Boot.

Mit 0,8 Promille lässt ein Unfall nicht lange auf sich warten: Nur wenige Minuten der simulierten Alkoholfahrt übersteht Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) heil, dann überfährt er das erste Reh und kommt von der Straße ab. Beim Start von „Wer fährt, bleibt nüchtern“ setzte sich der frischgebackene Schirmherr der Kampagne in München selbst ans Steuer des Promille-Simulators. Von dem roten Kleinwagen aus werden die Aktionen des Fahrers direkt auf die Leinwand vor der Windschutzscheibe übertragen. Dabei wird simuliert, dass der Fahrer 0,8 Promille Alkohol im Blut hat.

Der Fahr-Simulator ist nur ein Bestandteil der Kampagne, bei der junge Leute vor Discos angesprochen werden. Die Mitarbeiter der sogenannten „Party-Patrol“ wollen mit Reaktionstests, Promille-Brillen und der Aufklärung über die Gefahren und die rechtlichen Konsequenzen von Alkohol am Steuer abhalten. Neu an der Kampagne ist nur der Schirmherr: Das Projekt, auch unter dem Namen „Don't Drink and Drive“ bekannt, gibt es bereits seit 1993.

Messbare Erfolge der Kampagne zu nennen, sei schwierig, sagt der Sprecher des Brauer-Bundes, Marc-Oliver Huhnholz. Neben der Deutschen Weinakademie, dem Verband Deutscher Sektkellereien sowie dem Bundesverband der Spirituosen-Industrie und -Importeure ist der Deutsche Brauer-Bund Geldgeber für das Langzeit-Projekt. Zwar werden die Kampagnen-Teilnehmer online befragt, eine wissenschaftliche Auswertung des Projekts gibt es aber nicht.

Jährlich werde eine sechsstellige Summe in die Kampagne investiert, sagt der Geschäftsführer des Brauer-Bundes, Peter Hahn. Wie viel sich die Alkoholwirtschaft die Prävention von Alkohol am Steuer genau kosten lässt, will er nicht sagen. Der Brauer-Bund habe natürlich ein Interesse an gutem Umsatz, aber es gebe Situationen, in denen Alkohol nicht passe. Am Steuer zum Beispiel.

Die Zahl der Alkohol-Unfälle mit Verletzten ist seit dem Kampagnenstart - und den strengeren Promillegrenzen - um mehr als die Hälfte gesunken: Von 40 998 im Jahr 1993 auf 15 131 im vergangenen Jahr. 2012 starben 338 Menschen bei alkoholbedingten Unfällen. Hauptsächlich junge Männer zwischen 18 und 24 Jahren sind an Alkohol-Unfällen beteiligt - etwa ein Viertel geht auf ihre Kappe.

Dagegen seien Kampagnen wie „Wer fährt, bleibt nüchtern“ kein Allheilmittel, sagt ADAC-Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino. Prinzipiell sei es löblich, dass sich die Akteure der Verantwortung stellen. Allerdings erreiche man mit einem Promille-Simulator nicht die große Masse der Leute. Eine Gefahr sei, dass junge Leute die Alkoholfahrt im Simulator gut meistern und die Gefahren von Alkohol am Steuer deshalb verharmlosen.