Rangieren im E-Modus: Hybridantrieb für Wohnmobile
Duisburg (dpa/tmn) - Der Stromanschluss auf dem Campingplatz könnte Wohnmobilisten künftig nicht nur zur Versorgung des Bordnetzes dienen - sondern auch als Tankstelle: Die Hybrid-Technologie hält Einzug bei Campern und Caravans.
Bis zur Marktreife wird es aber noch dauern.
Der Hybridantrieb ist bei Autos schon fast ein alter Hut. Immer mehr Modelle werden mit der Antriebskombination aus Verbrennungs- und E-Motor angeboten oder fahren sogar ausschließlich mit Strom. Was für den Pkw-Bereich gilt, sieht in der Caravaning-Branche noch anders aus: Hier steckt der Hybrid in der Entwicklungsphase. Bisher wurden nur erste Prototypen auf Fachmessen präsentiert. Doch das grüne Wohnmobil „ist ein ganz großer, langfristiger Trend“. So sieht es zumindest Autoexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.
Bis Reisemobile mit der Kraft der zwei Motoren serienreif sind und zum Verkauf stehen, müssen sich Interessenten noch etwas in Geduld üben: „In rund zwei Jahren sollte das Hybrid-Wohnmobil in den Ausstellungen der Händler stehen“, schätzt Dudenhöffer. Als „heiße Kandidaten“ für die Technologieeinführung bei Campingmobilen stuft er die Hersteller Peugeot/Citroën, Daimler und Toyota ein.
Auch beim Wohnmobil- und Caravanhersteller Knaus Tabbert heißt es: „Das wird noch dauern.“ Gemeinsam mit dem Fahrgestellentwickler Al-Ko arbeite man zwar „am ersten Hybridantrieb für Freizeitfahrzeuge“ namens Efficiency Line. Vor 2014 sei aber nicht mit einem Hybrid-Wohnmobil aus eigenem Hause zu rechnen, sagt Knaus-Tabbert-Sprecher Alexander Wehrmann. Die Erwartungen des Unternehmens sind hoch: „Bei dem System handelt es sich unserer Meinung nach um eine der wichtigsten und nachhaltigsten Innovationen für die Caravaning-Industrie.“
Ein Problem, das bei Pkw lange Zeit nicht in den Griff zu bekommen war, ist bei den Wohnmobilen offenbar schon gelöst: die Frage nach dem Platz für die Stromspeicher. Ein erstes Konzept - das „Electric-Power-Chassis“ mit Lithium-Polymer-Technologie - präsentierte die Firma Al-Ko erstmals 2010 auf der IAA für Nutzfahrzeuge in Hannover. Die Entwickler haben in einem fahrbereiten Prototypen ohne Aufbau auf Basis eines Fiat Ducato X250 alle Batterien ins Chassis integriert. So blieb der Bauraum erhalten. Das Konzept ist für Hybrid- und Elektroantriebe im Freizeit- und Nutzfahrzeugsegment ausgelegt.
Lothar Angermund, Reisemobil-Experte beim ADAC, stellt allerdings den Sinn von Hybridantrieben für Reisemobile infrage. Hybridfahrzeuge könnten vor allem im urbanen Stop-and-go-Verkehr Kraftstoff sparen - doch das sei nicht gerade das typische Terrain für Wohnmobile. Im städtischen Lieferverkehr mache die Technik mehr Sinn.
Dudenhöffer sieht dennoch Vorteile in einem Hybridangebot für Wohnmobilisten. Vor allem ein Plug-in-Hybrid könnte sich bewähren: Dabei werden die Batterien an einer gewöhnlichen Steckdose aufgeladen und könnten deshalb „problemlos auf jedem Campingplatz nachgetankt werden“, so Dudenhöffer. Eine Lade-Infrastruktur müsste nicht eigens aufgebaut werden. Hinzu komme, dass Wohnmobile im reinen Elektromodus leise rangieren könnten und so die Luft auf den Stellplätzen „nicht mehr verdieseln“ würden. „Außerdem hätten sie auch mal ohne Campingplatz ausreichend Strom an Bord“, sagt er.
Ein zusätzlicher Verbrennungsmotor wird bei Wohnmobilen vorerst unverzichtbar bleiben: Das reine E-Wohnmobil sehen die Experten in absehbarer Zukunft nicht kommen. „Eine mögliche Reichweite von rund 100 Kilometern würde Reisemobilisten doch zu sehr einschränken“, stellt Dudenhöffer fest. Beim Caravaning Industrie Verband (CIVD) in Frankfurt sieht man die Sache ähnlich.
Noch bevor Elektro- und Dieselaggregate gemeinsam in Wohnmobilen ihre Arbeit verrichten, will Knaus Tabbert als Teil seiner Efficiency Line einen Wohnwagen mit E-Motor und Bremsenergie-Rückgewinnung auf den Markt bringen. 2013 gilt als Zielmarke. Der so ausgestattete Caravan soll elektrisch rangieren können - und mehr: Sein E-Motor kann laut dem Unternehmenssprecher Wehrmann auch als Zusatzantrieb genutzt werden und das Zugfahrzeug etwa beim Anfahren in schwierigem Gelände oder bei Bergfahrten unterstützen. „Eine Treibstoffeinsparung von zehn Prozent“ sei dadurch realistisch, sagt Wehrmann.
Bis eine alternative Antriebstechnologie für Campingmobile startklar ist, „bleibt es überwiegend beim Altbewährten, das etwas grüner verpackt wird“, meint Dudenhöffer. So bemüht sich die Branche laut dem CIVD-Sprecher Christof Sambel weiter um eine möglichst aerodynamische und damit spriteinsparende Bauweise der Fahrzeuge. „Und auch das Thema Leichtbau ist nach wie vor aktuell.“