Reisemobile auf Transporterbasis
Berlin (dpa/tmn) - Was auf Reisemobilen draufsteht, steckt fast immer nur zum Teil drin: Von den Unternehmen, deren Logo auf den Campern prangt, stammt in der Regel der Aufbau. Die Fahrzeugbasis liefern Autohersteller, wobei sich ein italienisches Modell besonders bewährt hat.
Bürstner, Hymer und Knaus-Tabbert - diese Herstellernamen liest man auf Reisemobilen häufig. Allerdings sind die Unternehmen in der Regel nur für den Aufbau verantwortlich. Das Basisfahrzeug stammt meist von großen Automobilbauern. Platzhirsch unter den Chassis-Spendern ist der Fiat Ducato: Dieses Modell „ist bei fast jedem Reisemobilhersteller im Portfolio“, sagt Andreas Horx vom Caravaning Industrie Verband (CIVD).
Zwei Drittel der 2011 in Deutschland neu zugelassenen Reisemobile basieren laut Horx auf dem Fiat Ducato. Im gesamten Fahrzeugbestand liegt der Anteil sogar noch höher. Der Hersteller Knaus-Tabbert beispielsweise baut seine Fahrzeuge nur noch auf dem Kleintransporter der Italiener auf. An die Stelle des Fiat-Logos tritt bei den Fahrzeugen aus Jandelsbrunn das eigene Markenemblem. Das Basisfahrzeug ist dann nur noch schwer zu erkennen.
Insgesamt stellen Autohersteller für den überwiegenden Teil der Reisemobile die technische Basis. Welche das sind, geht aus einem Ranking hervor, das der CIVD mit Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes für 2011 erstellt hat. Demnach ist der Ford Transit mit einem Anteil rund 13 Prozent nach dem Fiat Ducato (66 Prozent) die Nummer zwei. Platz drei belegt mit 7,5 Prozent Volkswagen mit den Modellen Crafter und T5. Es folgen in dieser Reihenfolge Mercedes Sprinter, Citroën Jumper, Iveco Daily sowie gleichauf Peugeot Boxer und Renault Master. Komplette Eigenkonstruktionen sind so selten, dass sie laut Horx kaum eine Marktrelevanz haben, und eher im Luxusbereich zu finden.
Wohnmobilspezialisten greifen bevorzugt auf Fahrzeuge von Autobauern zurück, weil das viel günstiger ist, als ein eigenes Chassis zu entwickeln. Dass dabei meist auf die technische Basis von Fiat vertraut wird, hat ebenfalls mit dem Preis zu tun: „Andere sind einfach teurer“, sagt Alexander Wehrmann, Sprecher bei Knaus-Tabbert.
Hinzu komme, dass sich die Entwicklung des Ducato stark an den Bedürfnissen der Caravaning-Industrie orientiere - zum Beispiel bei Achslast, Getriebe, Motorisierung und Anhängelasten. Klaus Lewandowski, Wohnmobilexperte im Landesverband Berlin-Brandenburg des Deutschen Camping Clubs, bestätigt das: „Fiat hat sich früher als andere sehr stark für die Möglichkeit von Reisemobilaufbauten gemacht.“
So sehr die Branche auch vom Fiat Ducato beherrscht wird: An unterschiedlichen Aufbauformen mangelt es nicht. Bei den gängigen Varianten vom Kastenwagen über teilintegrierte Mobile bis hin zu den aussterbenden Modellen mit Alkoven-Dach ist die Gestaltung des Innenraums sehr vielfältig. „Mancher Hersteller bietet bis zu 30 Grundrissvarianten“, sagt Horx. Dabei gehe es darum, den Kundenwünschen möglichst individuell gerecht zu werden. Sollen es Einzelbetten oder doch ein französisches Bett sein? Sollen die Wände variabel sein? „Dieses Jahr der absolute Renner ist die Rundsitzgruppe im Fahrzeugheck“, nennt Lewandowski einen Trend.
Grundsätzlich spielt auch im Bereich der Wohnmobile bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen Luxus und Glamour eine immer wichtigere Rolle. Von „Glamping“, einer Wortkreation aus Glamour und Camping, spricht CIVD-Sprecher Horx. Höherwertige Innenausstattung sei auch in den kleineren Mobilen gefragt. Prototypen hätten schon Sauna, Solarium und andere Annehmlichkeiten an Bord. „Der Innenraum steht im Vordergrund bei der Fahrzeugwahl, nicht das Chassis“, betont Horx.
Soll das Reisemobil mit einem Pkw-Führerschein der Klasse B zu fahren sein, darf es nicht zu schwer werden und inklusive Passagieren und Gepäck nicht mehr als 3,5 Tonnen wiegen. Je üppiger die Bordausstattung ausfällt, desto weniger Spielraum bleibt für die Zuladung. Oft sind das nur 350 Kilogramm oder weniger. Wehrmann spricht daher von einer besonderen Herausforderung, der die Entwickler mit innovativen Grundrissen und Leichtbau begegnen. Horx nennt ein Beispiel: „Anstelle von schweren Bodenplatten aus Holz setzt man auf kohlefaserverstärkte Materialien.“
Doch auch bei modernen Fahrzeugen auf Transporterbasis empfiehlt Lewandowski Kunden, stets auf Gewicht und Zuladung zu achten. Es müssten ja nicht unbedingt Mikrowelle oder TV-Flatscreen mit auf Reisen gehen. Für den langjährigen Wohnmobilisten sind ein bequemes Bett, Kochnische, Waschmöglichkeit und für den Winter die Heizung immer noch die wichtigsten Ausstattungsmerkmale. Dies gelte unabhängig davon, ob das Chassis nun von Fiat oder Ford komme.